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Kritikenrundschau: 5 Towers – Turmgebiete

Warum nur einen Turm bauen, wenn man auch fünf bauen kann? Und am besten sind sie auch noch möglichst hoch: „5 Towers“ (Kaspar Lapp bei Deep Print Games und Pegasus Spiele) ist ein Spiel, in dem Turmkarten hoch in den Himmel wachsen können – allerdings nur mit ein wenig Glück. Unsere Jurymitglieder haben sich in ihren jeweiligen Medien als Turmbauer:innen versucht.

„Es ist ein Versteigerungsspiel, in dem wir Türme errichten“, erklärt Udo Bartsch das Spiel. „Jede:r von uns baut fünf Türme gleichzeitig. Um zu bauen, kaufen wir Turmsegmente. Das sind Zahlenkarten in fünf Farben und mit Werten von 15 bis Null. Jede Farbe bildet einen Turm. Und in jeder Farbe müssen meine Kartenwerte immer kleiner werden. Ist mein grüner Turm schon bei der Elf angelangt, passen dort also nur noch grüne Karten mit Werten von zehn und niedriger. Die Versteigerung läuft sehr einfach: Fünf Karten vom Stapel werden aufgedeckt. Reihum sagen wir an, wie viele davon wir bei uns draufzubauen bereit sind. Wer das höchste Gebot abgibt, muss die entsprechende Zahl Karten nehmen und verarbeiten. Dabei hilft eine kleine Ausnahmeregel: Pro Kauf darf ich eine bereits verbaute Karte abwerfen, was meine Flexibilität beim Bauen erhöht, allerdings auch zunehmend Minuspunkte einbringt.“

Bartsch sieht in „5 Towers“ die Lernkurve: „Anfänger:innen geben üblicherweise niedrige Gebote ab, weil sie ihre Türme möglichst lückenlos bauen wollen. Klar, mit der Elf einen Turm zu beginnen, ist nicht das Optimum. Doch wenn danach eine Zehn oder Neun aufgedeckt wird, nehme ich die als zweite Karte sehr gern, während alle, denen die Elf schon zu schlecht erschien, vor einer Zehn oder niedriger erst recht zurückschrecken werden. Anfangs scheut man wegen der Minuspunkte auch das Abwracken. Dabei ist gelegentlicher Abriss oft besser, als zu viele Karten kampflos der Konkurrenz zu überlassen.“ Im Spiel selbst könnten sich dabei „erhebliche Punkteunterschiede“ ergeben. „Dass jemand machtlos oder gefühlt machtlos dabeisitzt, passiert vor allem in großen Runden.“ Beim Spiel zu fünft müsse man froh sein, überhaupt Karten zu bekommen.
Bartsch lobt die „Klarheit und Einfachheit“ von „5 Towers“ sowie den Bietmechanismus der ohne eine Währung auskommt. Dennoch habe er durchwachsene Erfahrungen gemacht. „Viele Partien haben Unzufriedene hinterlassen, die das Gefühl hatten, das Spiel liefe an ihnen vorbei“, schreibt Bartsch. „Und tatsächlich gehört es zum Wesen von ‚5 Towers‘, dass man in etlichen Zügen nichts entscheidet. Oft kann man nur noch passen. Oder man hat bei seinem Gebot keinen wirklichen Spielraum, weil absehbar ist, wie hoch die Nachfolgenden bieten werden.“
Am Ende findet Bartsch das Spiel zwar „interessant“, findet aber nur selten Mitspieler:innen. „Trotz Einfachheit und Kürze eignet sich ‚5 Towers‘ nur scheinbar für ein breites Publikum und für lockere Runden mit wechselnden Mitspieler:innen. Tatsächlich scheint es mir besser aufgehoben in einer festen Runde, die sich über mehrere Partien hinweg auf das Spiel und seine Eigenheiten eingroovt.“¹

„Risikoabschätzungen und ein gewisses Timing führen zum Erfolg“, beschreibt Stephan Kessler das Spiel. „Doch wann greife ich zu? Und wann gönne ich meinen Mitspielenden die Karten nicht und sage mehr als ich schlingen könnte, nur damit sie nicht profitieren?“ Für Kessler insgesamt ein „reizvolles Unterfangen, denn die Lernkurve ist hoch und die ersten Partien muss man als Lerngelegenheiten abbuchen.“ Auch für die Grafik hat Kessler lobende Worte übrig; findet aber, dass die Farben der einzelnen Türme noch deutlicher hätten sein können. Außerdem, meint er, könnten die Partien sich bei mehr Mitspieler:innen in die Länge ziehen.²

Scharfe Worte findet Michaela Poignée in ihrer Kurzkritik: Ihr sei das Spiel „zu glückslastig und zu zufällig“. Gerade in größeren Runden: „Als wir es zu fünft gespielt haben, hat es ganz lange gedauert, bis ich überhaupt mal Karten bekommen habe“, sagt sie und konstatiert: „Dieser Kniff mit dem Bietmechanismus funktioniert teilweise nicht so richtig.“ Für Poignée ist „5 Towers“ am Ende zwar „kein schlechtes Spiel“, begeistert zeigt sie sich allerdings auch nicht.³

Für Tobias Franke stecken in „5 Towers“ „deutlich mehr Emotionen, als ich das anfangs vermutet hätte“. Die Regeln seien zwar einfach, Spannung erzeuge der „besondere Mechanismus, wie ich an die Turm-Karten für meine Baustelle komme“, schreibt er. Für ihn sei „5 Towers“ ein Timing-Spiel. „Denn ich sollte einerseits nicht zu lange mit dem Turmbau warten, andererseits aber auch nicht zu gierig sein, um am Ende nicht mehr handlungsfähig zu sein.“ Dennoch könne das Spiel auch „frustig“ werden: „Mit Glück passen alle fünf Karten perfekt in mein Konzept und ich lasse die anderen gar nicht erst an der Bietrunde teilnehmen. Genauso gut kann ich aber auch Pech haben und irgendwie will keine Karte so richtig zu meinen Bauvorhaben passen. Oder aber es passen zwei Karten super, aber da ich recht weit hinten sitze, steht dieses Gebot schon nicht mehr zur Verfügung. So kann es passieren, dass ich Partien mit sehr vielen Punkten abschließe und in anderen fernab von den anderen hinterher hinke“, schreibt Franke. Für ihn ergebe sich nicht das Gefühl, das Spiel auch nur ansatzweise steuern zu können. „Das stößt beim Kennenlernen des Spiels noch nicht übel auf, hindert mich aber daran, das Spiel immer und immer wieder auf den Tisch bringen zu wollen.“

Einige wenige lobende Worte hat Manuel Fritsch für „5 Towers“ übrig: „Nette, kleine, reduzierte Regeln“ habe es, außerdem findet er die Illustrationen von Annika Haller „ganz, ganz süß gemacht.“ Die seien „aber auch das Beste am Spiel.“ Denn in seinen Runden sei das Spiel nie gut angekommen. „Ich sehe, wo der Reiz des Spiels ist, aber ich finde es furchtbar langweilig. Keine einzige meiner Runden will das Spiel noch einmal spielen“, sagt Fritsch. Das liege einerseits an der zufälligen Auslage, die Fritsch als „unfair“ empfindet. „Man hat das Gefühl,“ sagt er, „man kann sehr viel mehr entscheiden, als man dann tatsächlich entscheiden kann.“ Als zweites stört, dass der Bietmechanismus kein mehrmaliges Bieten ermöglicht – Gebote könnten nicht erhöht werden. Das Ergebnis: In größeren Runden sei es schwer, an Karten zu kommen, man sei manchmal „ewig“ nicht an der Reihe. Fritsch zeigt sich insgesamt, trotz der Illustrationen und der elegant-simplen Regeln, enttäuscht von „5 Towers“, obwohl er sich auf das Spiel gefreut habe. „Ich hätte dieses Spiel gerne gemocht“, sagt Fritsch.

¹ Rezensionen für Millionen: 5 Towers
² Jahrgang der Kartenspiele?
³ Die Brettspieltester: Spielerischer Rückblick Nr. 7 – zehn Brettspiele im Kurzüberblick
Fjelfras.de: Speed-Dating: Schnitzeljagd, 5 Towers, Trio und Cabanga!
Insert Moin: Le Brett vom 20.2.2024 (kostenpflichtig)

Tag der Brettspielkritik · Delta Park Mannheim · 9. und 10. März 2024

TdB

Die Brettspielkritik ist ein Teil der Kulturkritik. Was bedeutet das für diejenigen, die in Zeitungen und Zeitschriften, in Onlinemedien, auf YouTube und Twitch, im Rundfunk oder in Podcasts über das analoge Spiel berichten? In Arbeitsgruppen, Gesprächsforen und Podiumsrunden möchten wir darüber diskutieren.

Wie können wir unseren Ansprüchen gerecht werden? Wie können wir den Stellenwert einer unabhängigen Spielekritik steigern? Wo und wie werden die Unterschiede zur Tätigkeit einer Influencer:in deutlich? Der Spiel des Jahres e.V. lädt Journalist:innen und Blogger:innen zum 3. Tag der Brettspielkritik ein, die sich unabhängig von Handel und Spieleverlagen in Schrift, Ton oder Bild mit dem Gesellschaftsspiel beschäftigen. Das Programm richtet sich sowohl an diejenigen, die das erste Mal kommen möchten, als auch an alle, die bereits 2019 und/oder 2022 teilgenommen haben.

DELTA PARK MANNHEIM

Samstag, 9. März 2024

9:30–10:15 NEW BOARDGAME JOURNALISM
Einführung und Moderation: Guido Heinecke, Spiel-des-Jahres-Geschäftsführer
Keynote Speech: Efka Bladukas, No Pun Included
anschließend Diskussion (englisch)

10:30–12:30 ARBEITSGRUPPEN BLOCK 1
■ Maren Hoffmann, Der Spiegel: Diamantenschliff – Teaser funkeln lassen
■ Dennis Kogel, freier Journalist: Was können wir von Feature-Podcasts lernen?
■ Fabian Ziehe, SWR: Kurz, lebendig und verständlich formulieren
■ Efka Bladukas/Elaine Bladukiené, No Pun Included: What do we owe our audience? (englisch)

13:15–15:15 ARBEITSGRUPPEN BLOCK 2
■ Nicola Balkenhol, Deutschlandradio: Podcasts ans Publikum bringen
■ Daniel Wüllner, SZ: Rote Fäden – wie man sein Manuskript strukturiert
■ Christian Köhne, Format C: Let’s film a board game – ein Making-of
■ Andreas Becker, spielbox: Wie Wörter wirken – eine Stilkritik

15:15–16:00 PODIUMSGESPRÄCH
Brettspiel in Bild und Ton, mit Nicola Balkenhol, Christian Köhne, Dennis Kogel und Manuel Fritsch (Moderation)

16:30–17:15 PODIUMSGESPRÄCH
Brettspielkritik heute, mit Andreas Becker, Maren Hoffmann, Daniel Wüllner, Fabian Ziehe und Karsten Grosser (Moderation)

17:30–18:30 GESPRÄCHSFOREN
■ Valentin Köberlein, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Konstanz: Gesellschaft, Spiel und Realität
■ Wiebke Waburg, Professorin für Pädagogik an der Universität Koblenz: Spiele und Diversität
■ André Maack, Game Development Manager bei Ravensburger: Brettspiel und Kolonialismus
■ Sarah Klöfer, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Konstanz: Spiel und Theater

19:15–20:00 PODIUMSGESPRÄCH
Was macht das Spiel mit den Menschen?, mit Sarah Klöfer, Valentin Köberlein, André Maack, Wiebke Waburg und Johanna France (Moderation)

20:00 SPIELEABEND

Sonntag, 10. März 2024

9:30–11:45 SPIEL UND KULTURKRITIK
Einführung und Moderation: Harald Schrapers, Spiel-des-Jahres-Vorsitzender
Input: Lino Wirag, utopia.de/oekotest.de, Medienkulturwissenschaftler
Podiumsdiskussion mit Katrin Ullmann, freie Journalistin und Theaterkritikerin, und Heiko Klinge, Gamestar, Videospielkritiker

11:45 ZUSAMMENFASSUNG: Christoph Schlewinski, stv. Spiel-des-Jahres-Vorsitzender

Anreise ist bereits am Freitag, 8. März 2024. Der Tagungsbeitrag beträgt 35 Euro. Er umfasst zwei Übernachtungen mit Frühstück in der Jugendherberge Mannheim International, den Willkommensimbiss am Freitag sowie die Mahlzeiten am Samstag. Wer im Delta Park Hotel übernachten möchte, zahlt einen Aufpreis von 154 Euro. Die Jugendherberge und das Delta Park Hotel befinden sich beide in der Nähe des Hauptbahnhofs Mannheim.

Programm als pdf-Datei ➜

ANMELDUNG ➜

Tag der Brettspielkritik in Hamburg

Das spielerische Quartett: Schlewinski, Poignée, Grosser und Schneider

Christoph Schlewinski, Michaela Poignée, Karsten Grosser und Gastkritikerin Julia Schneider sprechen über „Schätz it“ von Ralf zur Linde (Moses), „District Noir“ von Nao Shimamura und Nobutake Dogen (Game Factory), „The Same Game“ von Wolfgang Warsch (Edition Spielwiese und Pegasus Spiele) sowie „Passt nicht!“ von Thomas Weber (Schmidt). Vier Spiele, vier Meinungen).

Folge 41: Das spielerische Quartett #20

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Eine neue Folge des spielerischen Quartetts. Und wieder besprechen vier Kritiker:innen vier aktuelle Spieleneuheiten. Vom Verein Spiel des Jahres sind dessen stellvertretender Vorsitzender Christoph Schlewinski, Michaela Pognée und Karsten Grosser dabei, die Runde wird von Schlewinski moderiert.


Als Gastkritikerin ist Julia Schneider eingeladen, die auf ihrem Youtube-Kanal als Meeple Queen Spiele bespricht.

Besprochen werden „Schätz it if you can!“ von Ralf zur Linde, erschienen bei Moses, „District Noir“ von Nao Shimamura und Nobutake Dogen, erschienen bei Game Factory, „The Same Game“ von Wolfgang Warsch, erschienen bei Edition Spielwiese und Pegasus Spiele und „Passt nicht!“ von Thomas Weber, erschienen bei Schmidt.

Aktionstag in Waren

Über 50 Menschen mit über 30 Spielen – so sah die Bilanz des Aktionstages „Spielend für Toleranz“ im Juni 2023 in Waren an der Müritz aus. Der AWO Kreisverband Müritz hatte zu dem Aktionstag eingeladen, der im Jugendzentrum JOO stattfand. „Familien mit Kindern, Erwachsene und auch SeniorInnen nutzten eifrig das Angebot, Spiele aus Kindertagen wiederzuentdecken und neue Spielkonzepte auszuprobieren. Einige Spiele waren auch ohne große Sprachkenntnisse möglich, sodass auch Menschen mit unterschiedlichen Sprachkenntnissen miteinander spielen konnten und sich immer wieder neue Spielekonstellationen bildeten“, schreibt die Koordinatorin des Aktionstages, Annette Schattenberg.

Ein L.a.m.a. in Waren

Zusätzlich zu den Spielen – sowohl eigene als auch solche, die von der Initiative „Spielend für Toleranz“ zur Verfügung gestellt wurden – gab es auch Riesenseifenblasen, Riesenjenga und die Möglichkeit, eigene Spielfiguren zu bemalen. „Bei einem Spiel blieb es nur selten und eine offene und entspannte Stimmung durchzog die Räume“, schreibt Schattenberg. „Es ist beeindruckend zu sehen, wie aus einer kleinen Idee ein Erlebnis wird, das Menschen Freude bereitet und miteinander in Kontakt bringt. Durch die Rückmeldungen der BesucherInnen kamen sogar schon erste Ideen für weitere Kooperationen auf, denn bei einem Tag soll es nicht bleiben.“

Unikate: Selbst bemalte Pöppel

Der Spielefundus soll nun auch anderen Verfügung gestellt werden. „Denn Spielen verbindet und die meisten Menschen finden auch schnell einen Zugang dazu. Das möchten wir weiter fördern und das Spielen als Kulturgut und Medium für Begegnung und Austausch auch in unserer Region bekannter machen“, schreibt Schattenberg. „Am Aktionstag hat sich gezeigt, dass Menschen, die sich vorher nicht kannten, gemeinsam am Tisch sitzen und ein Spiel entdecken. Dabei können alle nur gewinnen.“

Menschen und Spiele: Ein erfolgreicher Aktionstag

Verbrüderung in Aschaffenburg

Der Verein „In Via“ in Aschaffenburg ist – unter unterschiedlichen Namen – seit 1902 aktiv und schon damals Teil der, so heißt es in der Selbstbeschreibung, „ersten überregionalen, katholischen Organisation auf dem Gebiet der Frauenfürsorge“. Teil des Vereins ist auch das Europabüro. „Das Europabüro von ‚In Via‘ Aschaffenburg arbeitet im Bereich der internationalen Jugendarbeit, betreut und entsendet junge Menschen in den europäischen Freiwilligendienst und AuPair Familien in Aschaffenburg, innerhalb und außerhalb von Europa. Zudem bietet der Verein einen offenen Treff für junge Menschen aus dem Ausland an, die neu in Aschaffenburg sind“, beschreibt Maresa Gieles, die Koordinatorin des Europabüros ihre Aufgaben.

Aschaffenburger Panorama

Das Europabüro bot im Juni 2023 auf dem unter anderem von der Stadt Aschaffenburg organisierten Fest „Brüderschaft der Völker“ einen Spielestand für Kinder, Jugendliche und Erwachsene an. „Ziel des Festes ist es, ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen, die Vielfalt der Menschen Aschaffenburgs zu feiern, neuen Mitbürger:innen ein Gefühl von Zugehörigkeit zu geben und neue Kontakte zu knüpfen“, schreibt Gieles. Mit dabei war, neben eigenen Spielen, auch ein Spielepaket der Initiative „Spielend für Toleranz“: „Ziel war es, Barrieren abzubauen, ohne viele Sprachkenntnisse ins Handeln zu kommen und Spaß zu haben. Das Angebot richtete sich an Kleinkinder bis hin zu Erwachsenen. Die Spiele waren nach Einfachheit und Inklusionscharakter gestaltet und ausgewählt“, schreibt Gieles.

Das Team des Europabüros von „In Via“

Das Angebot sei dabei sehr gut angenommen worden, „der Stand hatte zu jeder Zeit Besucher:innen, die ohne viel Vorbereitung losspielen konnten“, so Gieles. „Durch die eigene Multikulturalität des Teams gab es regen Austausch mit den Besucher:innen über Spielekultur im Heimatland.“

Auf der Suche nach dem nächsten Spiel

Das Fest soll 2024 wieder stattfinden – dann mit einem größeren Spielestand. „Eine größere Grundfläche soll dafür sorgen, dass mehr Besucher:innen gleichzeitig spielen können und mehr Spiele aufgebaut präsentiert werden können“, schreibt Gieles.

Spielen im Rostocker Advent

Am 2. Advent 2023 öffnete der SPD-Ortsverein Rostock Stadtmitte das „Türchen“ in der Doberaner Straße 6 zum gemeinsamen Spielen. Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein.
Gerade in der Innenstadt Rostocks mangelt es an öffentlichen Orten, an denen Menschen sich treffen können, einfach mal den Alltag loslassen und spielen oder erzählen können, ohne dass es etwas kostet. Häufig bleiben alle in ihren Communities und es gibt wenig Gelegenheit für Migrantinnen und Migranten, Neu-Rostockerinnen und Zugewanderte sich mit Deutschen zu treffen, ihr Kursdeutsch im Alltag auszuprobieren und einfach besser anzukommen in der neuen Heimat. Der Ortsverein will so eine Gelegenheit schaffen und hat deshalb zum Advents-Spiele-Café eingeladen, dass dank des tollen Spielepakets ein toller Erfolg wurde.

„Dorfromantik“ in Rostock

An zwei Nachmittagen vorab hatten sich die Organisatorinnen und Organisatoren getroffen, um alle Spiele auszupacken und auszuprobieren. Damit hatten wir „Spielecoaches“ ausgebildet, die an den Tischen helfen konnten – eine gute Sache. Kuchenspenden, heiße und kalte Getränke waren vorbereitet.
Es waren einige Nationen und praktisch alle Altersgruppen vertreten. Manche der Migrantinnen und Migranten waren echte Neuankömmlinge und freuten sich besonders über einen Nachmittag bei Kaffee, Kuchen und freundlichen Gesprächen. An den Tischen wurde ein buntes Kauderwelsch aus verschiedenen Sprachen gesprochen, alle erklärten sich die Regeln gegenseitig oder holte sich die Coaches zu Hilfe. Mit viel „Ah“und „Oh“ und reichlich Gelächter tasteten sich die Mitspielerinnen an den Tischen an die Spiele heran.

Spielend für Toleranz

Bei den kleineren Kindern war der „Zauberberg“ sehr beliebt. Wenn die bunten Kugeln rollen und die Hexen sich nach unten schleichen, glänzen die Augen der Kleineren. Aber auch „Looping Louie“ war ein Renner, der Klassiker fesselte die Kids immer wieder. Besonders die Jungs rangelten sich um das actionreiche „Klask“ und testeten bis zum Abend ihre Fähigkeiten immer filigraner aus. „Klask“ ist von der Ausstattung und vom Spielmechanismus her eine echte Überraschung und wirklich supereinfach zu erklären.
Das sehr süße „Dragomino“ und „Dorfromantik“ brachten Jung und Alt gut zusammen. „That’s not a hat“ wurde zwar zunächst ausgewählt, um Deutsch zu lernen, aber der Funfaktor überwog letztlich so stark, dass dieser Aspekt rasch in den Hintergrund geschoben wurde. „L.A.M.A.“, „Krasse Kacke“ und „Drecksau“ begeisterte besonders die Jugendlichen, viele notierten sich die Namen der Spiele, um sie noch schnell auf den Weihnachtswunschzettel zu schreiben.

„Qwirkle“ fesselt

Bei altersmäßig sehr gemischten Runden konnte „Qwirkle“ gut punkten. Überraschend viel Spaß macht auch älteren Kindern und Jugendliche das Spiel „Concept Kids“. Ratespiele sind eben einfach der Renner. Das tolle aktuelle Paket der Aktion „Spielend für Toleranz“ hat der Ortsverein aus eigenen Beständen ergänzt um die Spiele „Ubongo“ und „Set“, mit denen sich Spielerunden leicht eröffnen lassen. „Take it easy“, das voll fiese „Voll Schaaf“, „Qoridor“ und „Hornochsen“ wurden ebenfalls gespielt und kamen gut an. Weitere kompliziertere Spiele haben wir „in petto“, falls der Spielehunger steigt.

Auf der Suche nach der Antwort: „Concept: Kids“

Nicht nur wegen zahlreicher Nachfragen wird es mehr Spielesonntage geben. Da einige ältere Jugendliche mit dem Spielevirus infiziert wurden, wird es sicher schon bald eine Gruppe geben, die die Aktion hier in die Hand nimmt.

Kira Ludwig
SPD, Mitglied der Bürgerschaft Rostock

Gegen Rassismus, Hass und Hetze: Spielend für Toleranz

https://www.spiel-des-jahres.de/aktuelle-preistraeger-2023/

Der Verein Spiel des Jahres stellt der Initiative „Spielend für Toleranz – gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“ zusätzliche 50 Spielepakete zur Verfügung. Im Rahmen der 2018 gegründeten Inititative, in der sich am Anfang zumeist Spielejournalistinnen und -journalisten sowie Bloggerinnen und Bloggern zusammengefunden haben, gab es bereits mehr als 150 dezentrale Veranstaltungen.

Spielend für Toleranz

„Das Gesellschaftsspiel ist ein Kulturgut, das die Menschen zusammenbringt. Alle können mitspielen, für alle gelten die gleichen Regeln, alle sind gleichberechtigt“, betont der Spiel des Jahres e.V. „Deswegen setzten wir gemeinsam mit vielen anderen Aktiven aus der Spiele-Szene ein Zeichen, wenn es darum geht, unsere freie Gesellschaft zu verteidigen.“ Viele Menschen seien erschrocken über die Berichte von dem Potsdamer Geheimtreffen, auf dem Pläne für rassistische Vertreibungen geschmiedet wurden, und die Verbindungen zu der in weiten Teilen rechtsextremen AfD. „Es braucht jetzt einen Aufstand der Anständigen – für Demokratie und Freiheit, gegen Ausgrenzung, Rassismus und Antisemitismus“, sagt der Vereinsvorsitzende Harald Schrapers.

Die Spielepakete enthalten das aktuelle Spiel des Jahres „Dorfromantik“ sowie weitere 14 Brett- und Kartenspiele, die ohne große Worte auskommen und ohne tiefere Deutschkenntnisse spielbar sind. Das Spielepaket kann anfragen, wer gemeinsam mit einer Gruppe, einem Spielekreis, einer Organisation oder Einrichtung eine öffentliche Veranstaltung durchführt und ein Team von sachkundigen Spieleerklärerinnen und -erklärern zusammenstellen kann. Wer sich bereits in den vergangenen Jahren an der „Spielend für Toleranz“-Initiative beteiligt hat, kann ein Upgrade-Paket mit den neusten Titeln bekommen. „Spielend für Toleranz“-Paket anfragen ➜

„Qwirkle“ in Wuppertal (NRW)

„Looping Louie“ in Wasdow (Mecklenburg-Vorpommern)

„Klask“ in Mülhausen (Thüringen)

„Krasse Kacke“ in Duisburg (NRW)

„Spielend für Toleranz“: Entstehung, Unterstützer:innen und Berichte ➜

Kritikenrundschau: My Island – aus der Stadt auf die Insel

Mit „My Island“ (Reiner Knizia bei Kosmos) ist die Fortsetzung des 2020 zum Spiel des Jahres nominierten „My City“ erschienen. Unsere Jurymitglieder haben ihre Koffer gepackt und sind in ihren jeweiligen Medien auf die Insel geschippert, um sich dort einmal genauer umzuschauen.

„Alle Spieler und Spielerinnen bekommen einen identischen Satz Plättchen in ihrer Farbe“, erklärt Maren Hoffmann das Spiel. „Auf diese Plättchen sind verschiedene Felder aufgedruckt. Es gibt Acker, Weg, Haus und Mauer. Zusätzlich gibt es einen Satz Karten, auf dem entsprechende Legeplättchen abgebildet sind. Die Karten werden gemischt, und die Karte, die aufgedeckt wird, zeigt an, welche Plättchen die Mitspielerinnen und Mitspieler nun auf ihren Inseln auslegen müssen. Begonnen wird am Strand, von da aus wird Plättchen für Plättchen passend an bereits ausgelegte Plättchen angelegt. Das läuft so lange, bis niemand mehr etwas anlegen kann oder möchte. Im ersten Kapitel bekommt man Pluspunkte, wenn man Häuser am Strand baut, und umgeht Minuspunkte, wenn man keine Strandfelder unbebaut lässt. Wer in dieser Runde die meisten Punkte bekommen hat, darf Fortschrittsmarker auf der Leiste seines oder ihres Spielbretts ankreuzen. So wird nach acht Kapiteln der Gesamtsieger oder die Siegerin ermittelt. Das Schöne: Verliert man mal ein Spiel, bekommt man direkt einen kleinen Vorteil, etwa in Form eines verbesserten Plättchens, sodass man in der nächsten Runde bessere Siegchancen hat.“

„My Island“ vermittle Maren Hoffmann „ähnliche Gefühle wie eine gute TV-Serie oder ein spannendes Buch. Eine Folge, ein Kapitel geht noch, oder? Noch einen allerletzten Umschlag öffnen, dann machen wir für heute Feierabend.“ Die Neugierde auf den nächsten Umschlag stehe dem Ende des Spiels allerdings oft im Weg. „Da man aber pro Kapitel immer drei Partien spielt, muss man dafür schon den einen oder anderen Spieleabend einplanen“, schreibt Hoffmann und urteilt: „Langweilig wird das garantiert nicht.“¹

Stephan Kessler findet von „My Island“ alle 24 Runden „auf den Punkt genau konstruiert“, allerdings nur „gerade so“, denn „zum Ende hin hat es sich doch etwas repetitiv angefühlt“. Allerdings gelinge es dem Spiel, mit „wenig Regeln viel Spieltiefe zu vermitteln“. Man merke „My Island“ seinen Vorgänger „My City“ an: „Wie bei Filmen haben es Sequels oftmals schwer, aus dem Schatten des großen Vorgänger hervorzutreten und die Erwartungen zu erfüllen. Und auch hier fühlt sich alles recht bekannt an“, schreibt Kessler. „‚My Island‘ macht seine Sache gut bis solide, aber große Überraschungen oder Oha-Momente fehlen. Um nochmal den Vergleich mit den Filmen hervorzuholen: Fans des ersten Teils werden nicht enttäuscht. Sie bekommen serviert, was ihnen gefallen hat.“ Die Geschichte von „My Island“ findet Kessler allerdings etwas aufgestülpt: „Andere Legacy-Spiele versprühen da mehr Einfälle, auch ‚My City‘ hatte da etwas mehr zu bieten“, schreibt er. Für einen dritten Teil – den Kessler aus dem Ende von „My Island“ herausliest – seien seine Koffer dennoch schon gepackt.²

Für Udo Bartsch wiederholt „My Island“ nicht dieselben Bauaufgaben wie „My City.“ „Im Detail ist alles neu. Und: Es ist komplexer. Allein schon das Material ist komplexer“, schreibt er. „Auch die Aufgaben sind komplexer. Teilweise muss man sehr viele Ziele gleichzeitig im Blick haben, mehr als man erreichen kann. Eine wesentliche Herausforderung besteht deshalb darin, zu filtern und sich auf das Machbarste und Wichtigste zu fokussieren.“ Es gebe viel zum Nachdenken und Knobeln – auch für erfahrene Spielerinnen und Spieler. Positiv bewertet Bartsch, dass Zurückliegende einen Ausgleich bekommen. „Und auch wenn das Finale den Spielstand noch gehörig durcheinanderwirbeln könnte, zeichnet sich in ungleich spielstarken Gruppen recht bald ab, wer gewinnen wird und wer nicht. Aber das System gewährleistet immerhin, dass auch Zurückliegende Punkte machen werden und einzelne Partien gewinnen oder Platz zwei erreichen.“ Die Aufgabenstellungen seien „raffinierter und herausfordernder“ als im Vorgänger „My City“. „Andererseits finde ich die Thematik in ‚My City‘ schlüssiger“, schreibt Bartsch. „My Island“ biete hier nur „eine austauschbare Mystery-Story“. Alles in allem nehmen sich beide Spiele nicht viel: „Wer ‚My City‘ mochte, wird voraussichtlich auch ‚My Island‘ mögen. Und wer nicht, der nicht.“³

Für Michaela Poignée steigert sich „My Island“ von einem einfachen Einstieg bis es „ganz schön Fahrt aufnimmt“. Frustrierend findet sie im Spiel mit zwei Personen, „dass der erste Spieler zwei Fortschritte bekommt und der zweite nichts“. Es entstehe der Eindruck, dass ein Spieler „wegrauschen“ kann. In „My Island“ könne man im Finale allerdings „das Spiel noch stark drehen“. Die Regeln, findet sie, bauen gut aufeinander auf. Insgesamt findet sie „My Island“ „ein total schönes Spiel“.

Man müsse in „My Island“ oft genau hinschauen, findet Julia Zerlik. „My City“ sei „einstiegsfreundlicher“, denn „My Island“ steige mit höherer Schwierigkeit ein und ende fast schon als Kennerspiel. Zerlik lobt die Übersichtsblätter, die jedem Umschlag beiliegen. Wofür Punkte gemacht werden können, sei „sehr übersichtlich“ aufgelistet, was besonders bei größeren Pausen zwischen den Partien hilfreich sei. Gut gefallen ihr auch die stärkeren Aufholmechanismen für zurückliegende Spielerinnen und Spieler. Das Spiel sei „kein Abklatsch, es fühlt sich deutlich anders an als ‚My City‘“, sagt Zerlik. Ihr habe das Spiel viel Spaß gemacht, gerade, weil es in „My Island“ mehr Möglichkeiten gebe, Punkte zu machen. „Die 24 Partien vergingen wie im Flug.“ Insgesamt also eine „runde gelungene Sache, eine tolle Fortsetzung“, urteilt Zerlik.

¹ Spiegel.de: Alles hat seinen Platz – fünf Legespiele, die sich lohnen
² Krimimaster: My Island – ein Spiel wie ein Adventskalender
³ Rezensionen für Millionen: My Island
Die Brettspieltester: My Island
Spiel doch mal…: Frisch vom Tisch Vol. 61