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Kritikenrundschau: 5 Towers – Turmgebiete

Warum nur einen Turm bauen, wenn man auch fünf bauen kann? Und am besten sind sie auch noch möglichst hoch: „5 Towers“ (Kaspar Lapp bei Deep Print Games und Pegasus Spiele) ist ein Spiel, in dem Turmkarten hoch in den Himmel wachsen können – allerdings nur mit ein wenig Glück. Unsere Jurymitglieder haben sich in ihren jeweiligen Medien als Turmbauer:innen versucht.

„Es ist ein Versteigerungsspiel, in dem wir Türme errichten“, erklärt Udo Bartsch das Spiel. „Jede:r von uns baut fünf Türme gleichzeitig. Um zu bauen, kaufen wir Turmsegmente. Das sind Zahlenkarten in fünf Farben und mit Werten von 15 bis Null. Jede Farbe bildet einen Turm. Und in jeder Farbe müssen meine Kartenwerte immer kleiner werden. Ist mein grüner Turm schon bei der Elf angelangt, passen dort also nur noch grüne Karten mit Werten von zehn und niedriger. Die Versteigerung läuft sehr einfach: Fünf Karten vom Stapel werden aufgedeckt. Reihum sagen wir an, wie viele davon wir bei uns draufzubauen bereit sind. Wer das höchste Gebot abgibt, muss die entsprechende Zahl Karten nehmen und verarbeiten. Dabei hilft eine kleine Ausnahmeregel: Pro Kauf darf ich eine bereits verbaute Karte abwerfen, was meine Flexibilität beim Bauen erhöht, allerdings auch zunehmend Minuspunkte einbringt.“

Bartsch sieht in „5 Towers“ die Lernkurve: „Anfänger:innen geben üblicherweise niedrige Gebote ab, weil sie ihre Türme möglichst lückenlos bauen wollen. Klar, mit der Elf einen Turm zu beginnen, ist nicht das Optimum. Doch wenn danach eine Zehn oder Neun aufgedeckt wird, nehme ich die als zweite Karte sehr gern, während alle, denen die Elf schon zu schlecht erschien, vor einer Zehn oder niedriger erst recht zurückschrecken werden. Anfangs scheut man wegen der Minuspunkte auch das Abwracken. Dabei ist gelegentlicher Abriss oft besser, als zu viele Karten kampflos der Konkurrenz zu überlassen.“ Im Spiel selbst könnten sich dabei „erhebliche Punkteunterschiede“ ergeben. „Dass jemand machtlos oder gefühlt machtlos dabeisitzt, passiert vor allem in großen Runden.“ Beim Spiel zu fünft müsse man froh sein, überhaupt Karten zu bekommen.
Bartsch lobt die „Klarheit und Einfachheit“ von „5 Towers“ sowie den Bietmechanismus der ohne eine Währung auskommt. Dennoch habe er durchwachsene Erfahrungen gemacht. „Viele Partien haben Unzufriedene hinterlassen, die das Gefühl hatten, das Spiel liefe an ihnen vorbei“, schreibt Bartsch. „Und tatsächlich gehört es zum Wesen von ‚5 Towers‘, dass man in etlichen Zügen nichts entscheidet. Oft kann man nur noch passen. Oder man hat bei seinem Gebot keinen wirklichen Spielraum, weil absehbar ist, wie hoch die Nachfolgenden bieten werden.“
Am Ende findet Bartsch das Spiel zwar „interessant“, findet aber nur selten Mitspieler:innen. „Trotz Einfachheit und Kürze eignet sich ‚5 Towers‘ nur scheinbar für ein breites Publikum und für lockere Runden mit wechselnden Mitspieler:innen. Tatsächlich scheint es mir besser aufgehoben in einer festen Runde, die sich über mehrere Partien hinweg auf das Spiel und seine Eigenheiten eingroovt.“¹

„Risikoabschätzungen und ein gewisses Timing führen zum Erfolg“, beschreibt Stephan Kessler das Spiel. „Doch wann greife ich zu? Und wann gönne ich meinen Mitspielenden die Karten nicht und sage mehr als ich schlingen könnte, nur damit sie nicht profitieren?“ Für Kessler insgesamt ein „reizvolles Unterfangen, denn die Lernkurve ist hoch und die ersten Partien muss man als Lerngelegenheiten abbuchen.“ Auch für die Grafik hat Kessler lobende Worte übrig; findet aber, dass die Farben der einzelnen Türme noch deutlicher hätten sein können. Außerdem, meint er, könnten die Partien sich bei mehr Mitspieler:innen in die Länge ziehen.²

Scharfe Worte findet Michaela Poignée in ihrer Kurzkritik: Ihr sei das Spiel „zu glückslastig und zu zufällig“. Gerade in größeren Runden: „Als wir es zu fünft gespielt haben, hat es ganz lange gedauert, bis ich überhaupt mal Karten bekommen habe“, sagt sie und konstatiert: „Dieser Kniff mit dem Bietmechanismus funktioniert teilweise nicht so richtig.“ Für Poignée ist „5 Towers“ am Ende zwar „kein schlechtes Spiel“, begeistert zeigt sie sich allerdings auch nicht.³

Für Tobias Franke stecken in „5 Towers“ „deutlich mehr Emotionen, als ich das anfangs vermutet hätte“. Die Regeln seien zwar einfach, Spannung erzeuge der „besondere Mechanismus, wie ich an die Turm-Karten für meine Baustelle komme“, schreibt er. Für ihn sei „5 Towers“ ein Timing-Spiel. „Denn ich sollte einerseits nicht zu lange mit dem Turmbau warten, andererseits aber auch nicht zu gierig sein, um am Ende nicht mehr handlungsfähig zu sein.“ Dennoch könne das Spiel auch „frustig“ werden: „Mit Glück passen alle fünf Karten perfekt in mein Konzept und ich lasse die anderen gar nicht erst an der Bietrunde teilnehmen. Genauso gut kann ich aber auch Pech haben und irgendwie will keine Karte so richtig zu meinen Bauvorhaben passen. Oder aber es passen zwei Karten super, aber da ich recht weit hinten sitze, steht dieses Gebot schon nicht mehr zur Verfügung. So kann es passieren, dass ich Partien mit sehr vielen Punkten abschließe und in anderen fernab von den anderen hinterher hinke“, schreibt Franke. Für ihn ergebe sich nicht das Gefühl, das Spiel auch nur ansatzweise steuern zu können. „Das stößt beim Kennenlernen des Spiels noch nicht übel auf, hindert mich aber daran, das Spiel immer und immer wieder auf den Tisch bringen zu wollen.“

Einige wenige lobende Worte hat Manuel Fritsch für „5 Towers“ übrig: „Nette, kleine, reduzierte Regeln“ habe es, außerdem findet er die Illustrationen von Annika Haller „ganz, ganz süß gemacht.“ Die seien „aber auch das Beste am Spiel.“ Denn in seinen Runden sei das Spiel nie gut angekommen. „Ich sehe, wo der Reiz des Spiels ist, aber ich finde es furchtbar langweilig. Keine einzige meiner Runden will das Spiel noch einmal spielen“, sagt Fritsch. Das liege einerseits an der zufälligen Auslage, die Fritsch als „unfair“ empfindet. „Man hat das Gefühl,“ sagt er, „man kann sehr viel mehr entscheiden, als man dann tatsächlich entscheiden kann.“ Als zweites stört, dass der Bietmechanismus kein mehrmaliges Bieten ermöglicht – Gebote könnten nicht erhöht werden. Das Ergebnis: In größeren Runden sei es schwer, an Karten zu kommen, man sei manchmal „ewig“ nicht an der Reihe. Fritsch zeigt sich insgesamt, trotz der Illustrationen und der elegant-simplen Regeln, enttäuscht von „5 Towers“, obwohl er sich auf das Spiel gefreut habe. „Ich hätte dieses Spiel gerne gemocht“, sagt Fritsch.

¹ Rezensionen für Millionen: 5 Towers
² Jahrgang der Kartenspiele?
³ Die Brettspieltester: Spielerischer Rückblick Nr. 7 – zehn Brettspiele im Kurzüberblick
Fjelfras.de: Speed-Dating: Schnitzeljagd, 5 Towers, Trio und Cabanga!
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