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Kritikenrundschau: Fyfe – Steinchen, Sand und Solopuzzle

Auf dem Cover verspricht „Fyfe“ (von Kosch, Edition Spielwiese / Pegasus Spiele) echtes Urlaubsfeeling. Aber was steckt in der Schachtel? Urlaubsentspannung, knallhartes Logikrätsel oder frustrierendes Glücksspiel? In ihren jeweiligen Medien haben unsere Jurymitglieder bei einem langen Strandspaziergang darüber nachgedacht.

„Der grundlegende Ablauf ist einfach“, schreibt Stephan Kessler. „Aus einem Beutel ziehen alle einen Stein, der drei Attribute aufweist: Farbe, Symbol und Zahl. Um etwas taktischer vorzugehen, haben wir einen Pool aus zwei Steinen. In unserem 5-mal-5-Raster legen wir einen dieser zwei aus und versuchen damit Wertungen zu erfüllen. Zum Beispiel fünf Steine gleicher Farbe oder fünf, die in allen Attributen unterschiedlich sind oder eine aufsteigende Straße bilden. Das Besondere ist, dass wir dabei selber entscheiden dürfen, wo wir die Wertungen platzieren. Erleichtert wird dieses Unterfangen mit Muscheln: zieht jemand eine aus dem Beutel, sind für alle Spezialaktionen möglich, die allerdings Punkte kosten.

„‚Fyfe‘ hat eine hübsche Aufmachung“, findet Kessler. „Der Beutel ist groß und die Steine schön gestaltet. Die Grafiken erinnern an Urlaub und suggerieren ein fluffiges Spielvergnügen, führen dann aber zu einem knallharten Puzzle.“ Zum Ende hin werde es „immer mehr ein Glücksspiel, ob die passenden Steine gezogen werden.“ Partien könnten dann in „Momenten voller Frust“ enden, nur, weil eben nicht die richtigen Steine aus dem Beutel gezogen wurden. Dazu kommt für Kessler der Kritikpunkt, dass die Regeln für die Sonderaktionen ein „paar Fragezeichen“ hinterließen, hier sei nicht eindeutig erklärt worden.
„Wer sich dem anspruchsvollen Puzzle stellen möchte“, schreibt Kessler, „wird merken, dass es eine Lernkurve gibt und man der Aufgabe mehr gewachsen ist. Vorausgesetzt, Fortuna ist einem hold.“ Ihm allerdings sei „die Lust vergangen. Ich komme mir mehr vor, als müsste ich eine Exceltabelle ausfüllen, bei der jemand ständig zufällig falsche Zahlen eintippt.“¹

Für Udo Bartsch stecken Spannung und Reiz von „Fyfe“ darin, dass man „hofft, dass es irgendwie klappt“. Der größte Haken an dem Spiel sei „nicht, dass ‚Fyfe‘ solistisch ist. Solitär-Puzzles sind es eben. Auch nicht, dass die letzten Steine wie Schicksalsschläge auf uns niederdonnern und alles retten oder alles zerstören: Mehrdimensionale Puzzles enden eben so.
Andere Vertreter des Genres bieten mehr Vielfalt. Von Partie zu Partie geänderte Aufgabenstellungen oder variable Voraussetzungen. In ‚Fyfe‘ ist es immer dasselbe. Dass ich die Aufgaben selbst bestimme und mal so und mal anders anordnen könnte, ändert am Grundgefühl nichts, zumal die 15 Aufgaben, von denen ich zwölf auswähle, auch immer dieselben bleiben, egal, ob ich sie nun senkrecht, waagerecht oder diagonal zu erfüllen versuche. „Fyfe“ ist zwar optisch sehr einladend, baut Entscheidungsdruck auf und hält seine Spannung bis zum Schluss. Viel Neues aber bringt es dem Genre nicht. Da gab es schon Pfiffigeres.“²

Nico Wagner findet in dem „total abstrakten Legespielchen“ eine „an sich interessante Aufgabe.“ „Das hat mir Spaß gemacht“, sagt er. Dennoch sei das Spielerlebnis von einigen Details „getrübt“ gewesen.
Beim Spiel zu zweit könne es vorkommen, dass gar keine Muscheln gezogen werden und daher keine Sonderaktionen ausgeführt werden könnten. „Das Spiel verwehrt dir diese Sonderfähigkeit“, sagt Wagner. Zu zweit und dritt fühle sich das Spiel dadurch „unbefriedigend“ an. „Das empfand ich als störend.“ Auch die Regeln seien teilweise nicht eindeutig. Wagners größte Kritik ist allerdings die sehr solistische Natur des Spieles: „Ich brauche überhaupt keine Mitspielenden“, sagt er, „das ist einer der Vertreter, wo ich sage: Warum sitzen hier noch vier andere Leute am Tisch, auf die ich im Zweifelsfall auch noch warten muss? Hier hast du null Interaktion.“³

Johanna France findet „Fyfe“ als Logikspiel „total spannend“, allerdings hätte man sich nach einiger Zeit eingespielt, „und da verliert es ein bisschen den Reiz“, sagt sie. Es sei sehr viel Glück dabei, „da gibt es auch Frustrationspotenzial, wenn man sich sehr in Logikspiele reinsteigert“. France allerdings findet es „reizvoll mit diesem Glück zu spielen und das beste herauszuholen.“

Julia Zerlik nimmt sich „Fyfe“ zusammen mit Stephan Kessler vor. Kessler bekräftigt hier seine Kritik noch einmal. „Ich habe mich wirklich drauf gefreut, als ich das gesehen habe, Sommer, Sonne, Urlaub“, sagt er. Ein „fluffiges Spiel“ sei „Fyfe“ allerdings nicht. „Man muss wirklich auf vielen Ebenen denken, wenn man das gut lösen möchte. Dann ist aber der Frust umso größer, wenn ich auf was warte und das kommt aber nicht.“
Zerlik findet „die eigentliche Puzzleaufgabe ganz reizvoll“ Allerdings sei diese „viel zu zufällig. Ich habe nur die Wahl zwischen zwei Plättchen. Und was ich richtig blöd finde, ist dass man in seinem letzten Zug den letzten Stein benutzen muss, also hat man am Ende keine Wahl mehr. Jeden Stein, den man da rausgezogen hat, muss man verwenden.“ Sie fühle sich „dem Zufall ausgeliefert in einem Spiel, dass eigentlich ein Hirnverzwirbler ist. Da passt für mich nicht gut zusammen.“

Versöhnlicher ist Bernhard Löhlein in einer Kurzkritik gestimmt: „Bingo trifft auf Sudoku“, charakterisiert er „Fyfe“. „Das ist ein Denkspiel, bei dem jeder vor sich hin knobelt. Aber ein sehr farbenfrohes. Dadurch wirkt es richtig luftig. Eine reizvolle Aufgabe für Rätselfreunde.“

¹ Krimimaster: Sommer, Sonne, Kopfarbeit
² Spielbox, Heft 5/22: Solitär am Meer
³ Brettagoge #201
Spümaschin 33
Spiel doch mal… : Frisch vom Tisch Vol. 55
⁶ Radio IN, Spiel der Woche vom 15.10.22