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Kritikenrundschau: Harry Potter – Kampf um Hogwarts: Lumos oder Cruciatus?

Trotz der fleißigen Twitter-Interventionen der Autorin J.K. Rowling ist die Faszination mit dem Harry-Potter-Franchise ungebrochen. Selbstverständlich: Für viele Menschen steckt in der Zaubererwelt ein großes Stück Kindheit. Dass da früher oder später auch ein wuchtiges Lizenz-Spiel hermusste, ergibt sich von selbst. „Harry Potter – Kampf um Hogwarts“ heißt es, ist schon ab 11 Jahren empfohlen (also genau dann, wenn man die Einladung ins Hogwarts-Internet bekommt) und bei Kosmos erschienen. Die Kritiker der Spiel-des-Jahres-Jury haben sich dem Kampf gegen die dunklen Künste gestellt.

„Um ein Jahr im Kampf um Hogwarts zu meistern, müssen wir stets mehrere Bösewichte besiegen. Im ersten Jahr sind das noch Crabbe, Goyle oder Prof. Quirrel, später stellen sich uns ganz andere Widersacher in den Weg“, fasst Tim Koch die Story des Spieles zusammen.¹

„Harry Potter – Kampf um Hogwarts“ kommt dabei als Deck-Building-Spiel daher, ein Spiel also, in dem beim Kartenstapel  „gebaut“ werden muss. „Dominion“, Spiel des Jahres 2009, gilt als eines der populärsten dieser Spiele, bei dem man versucht, den persönlichen Kartenstapel während des Spiels mit neuen Karten stetig zu ergänzen beziehungsweise zu verstärken. So schreibt auch Udo Bartsch, „Harry Potter – Kampf um Hogwarts“ sei „wie ‚Dominion‘ in einfach: Fünf Karten seines Decks hat man auf der Hand und darf alle ausspielen. Sie bringen im Regelfall Geld oder Angriffsmarker oder Lebenspunkte. Die Marker weist man ausliegenden Bösewichtern zu, mit Geld kauft man neue Karten. Und Lebenspunkte benötigt man, um nicht ,betäubt‘ zu werden. Betäubt zu sein, ist nicht gut, jedoch weit entfernt von tot: Man muss die Hälfte seiner Handkarten abwerfen und tankt im Gegenzug die komplette Lebensenergie wieder auf. Vor allem aber bekommt der aktuell ausliegende Ort ein Dunkles Mal, und bei einer bestimmten Menge von Malen geht der Ort verloren. Sind alle Orte futsch, verlieren Harry, Hermine, Ron und Neville. Sind alle Bösewichter besiegt, wofür sie Angriffsmarker entsprechend ihrer Lebensenergie aufgehalst bekommen müssen, gewinnen die Helden.“²

Das Lizenzspiel kommt dabei nicht bei allen Kritikern und Kritikerinnen gut an: Fünf von sieben Sternen vergibt Bartsch für „Kampf um Hogwarts“: „Um es mehrfach durchzuspielen, ist ‚Harry Potter – Kampf um Hogwarts‘ schlichtweg nicht interessant und abwechslungsreich genug. Doch bis zu diesem Punkt ist es reizvoll.“

So sieht das auch Tim Koch: Ein stark ins gelblich gehende Grün vergibt er als Wertung und meint: „Dennoch empfinde ich den Kampf um Hogwarts durchaus als gelungen, gerade in den Jahren 3 bis 5. Hier stehen Spieldauer, Herausforderung und Variation in einem guten Verhältnis. Schade, dass dieses hohe Niveau nicht über das gesamte Spiel gehalten wird.“  Stephan Kessler befindet ähnlich: „Es ist ein gutes Spiel, aber am Ende hat es seine Schwächen“, obwohl ihm gut gefällt, dass das Spiel „einen an die Hand nimmt“, gerade für Erstspieler und -spielerinnen sei das ein guter Einstieg.³ Das findet auch Manuel Fritsch in seinem Podcast: „Es ist ein tolles Spiel, das eine neue Spielerschaft auch heranführen kann an das Hobby.“ Allerdings nutze das Spiel „diese Chance nicht komplett aus“, spätere Runden hätten keine neuen Wendungen oder Regeln zu bieten, sie würden nur „länger und länger, aber nicht besser.“

Schwächen sieht auch Harald Schrapers: Die taktischen Anforderungen seien „in den ersten Runden sehr seicht“, in späteren Missionen würde das Spiel „nur quantitativ größer, einen tatsächlichen Qualitätsgewinn vermisse ich“. Es ginge hier um ein „kleinteiliges Abarbeiten von Effekten“ und „der Deckbau ist pures Anhäufen von Karten“. Allerdings, gibt er zu Bedenken, sei diese Einschätzung rein subjektiv. Der Anspruch eines Spielekritikers, ein Spiel in möglichst vielen unterschiedlichen Spielerunden zu spielen, ließe sich bei „Harry Potter – Kampf gegen Hogwarts“ kaum erfüllen, da aufgrund des Kampagnen-Konzeptes viele aufeinander aufbauende Partien in immer derselben Zusammensetzung gespielt würden.

Julia Zerlik nimmt, als bekennender Harry-Potter-Fan, den Kampf gegen die dunklen Künste der Kollegen auf: Zwar hätte das Spiel seine Schwächen und sei von der Story her nicht ganz konsistent. Außerdem sei sehr viel Glück dabei: „Vor allem in den späteren Leveln, wenn man viele Gegner besiegen muss, kann man als Gruppe entweder einen guten oder einen schlechten Start haben“, je nachdem, welche Karten aufgedeckt würden. Teilweise führe das dazu, dass man das entsprechende Level nicht mehr gewinnen könne. Ihr Gesamturteil ist dennoch positiv: „Mich hat es dann nicht mehr gestört, dass das Spiel ein paar Mängel hat, weil ich das so cool finde, dass man sich an die Gegenstände und Verbündeten erinnert und sie benutzt.“ Eine Einschränkung macht Zerlik dann aber doch: „Die ersten Level sind wirklich sehr, sehr, sehr einfach. Richtig cool wird es erst in den Jahren fünf, sechs und sieben.“ Jahr sieben, meint sie sogar, sei „das eigentliche Spiel, alles bis dahin ist nur Aufbau. Jahr sieben würde ich immer wieder spielen.“
Schützenhilfe bei ihrem positiven Urteil bekommt Zerlik von Stefan Gohlisch, der schreibt: „‚Harry Potter – Kampf um Hogwarts‘ entpuppt sich als sehr zugängliches und zugleich sehr spannendes Familienspiel rund um den jungen Magier. Es hat schon einige Versuche gegeben, J.K. Rowlings zauberhafte Welt in einem Gesellschaftsspiel umzusetzen. Dieses ist das bislang gelungenste“ und vier von fünf Sternen vergibt. Am Ende reiht sich auch Manuel Fritsch – etwas zögerlich – in den Chor der Gutfinder ein: „Es ist dafür, dass es ein Lizenzspiel ist, ein wirklich gutes Spiel“, sagt er, vor allem sei es „ein tolles Familienspiel.“

¹ Spielfreu(n)de: Harry Potter – Kampf um Hogwarts
² Rezensionen für Millionen: Harry Potter – Kampf um Hogwarts
³ Gezockt! mit Benjamin und Stephan
Insert Moin: Le Brett mit mit Harry Potter, Pictures, Fugitive, Nova Luna & Soviet Kitchen Unleashed (kostenpflichtig)
brett-spiel.de Podcast Episode 8: Harry Potter – der Kampf gegen dunkle Künste und Bösewichte
Spiel doch mal… Harry Potter – Kampf um Hogwarts
⁷ Neue Presse, Ausgabe v. 24.10.2019