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Gemeinschaftserlebnisse in unruhigen Zeiten

Der Jahrgang 2023. Brettspiele finden heute ein größeres Publikum als noch vor wenigen Jahren. Sie sind aber kein konkurrenzloses Gemeinschaftserlebnis. Sondern sie müssen sich gegen andere Freizeitaktivitäten und kulturelle Ereignisse durchsetzen, die wir im Familien- und Freundeskreis wahrnehmen. Die in den letzten zwölf Monaten erschienenen Spiele schaffen es problemlos, mit dieser Konkurrenz mitzuhalten: Denn es gibt eine Reihe von herausragenden Neuheiten.

Die ausgezcichneten und empfohlenen Spiele 2023 ➜

Christoph Schlewinski und Harald Schrapers präsentieren im Brettspielcafé „Playce“ die besten Spiele des Jahrgangs

Zirka 440 Neuerscheinungen haben die beiden Jurys – eine für Spiel und Kennerspiel, eine für das Kinderspiel – im Laufe des Jahres gespielt. Das sind ungefähr zehn Prozent mehr als noch im Vorjahr. Trotzdem ist die Zahl der Neuheiten im Kinderspielbereich spürbar geringer als in den Jahren vor der Pandemie. Auffällig ist, dass bei den aktuellen Neuerscheinungen ein althergebrachtes Genre dominiert: das Merkspiel, das uns an den Klassiker „Memory“ erinnert. Doch kaum denkt man sich, dass beim Merkspiel niemandem etwas Neues mehr einfällt, gibt es eine große Zahl an wirklich raffinierten Varianten. Allen voran „Gigamon“ konnte in den Spielerunden der Jurymitglieder die Kinder begeistern. Dennoch wäre es wünschenswert, dass in den kommenden Jahren wieder eine größere Vielfalt an Mechanismen aufgegriffen wird. Die Hoffnung ist da, dass sich das realisieren lässt, denn Autorinnen und Autoren können inzwischen wieder ohne Corona-Einschränkungen ihre Prototypen spielen und testen. Da die Entwicklung guter Spiele nicht im Jahresrhythmus geschieht, sondern weitaus länger dauert, wird dies erst zeitverzögert auf dem Markt ankommen. Auch an den Spielen für Erwachsene und ältere Kinder geht der „Memory“-Trend nicht spurlos vorbei. Die Spiel-des-Jahres-Empfehlung „That’s Not a Hat“ ist dabei für alle Gruppen gleichermaßen eine ganz besondere Merkspiel-Herausforderung.

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„Mysterium Kids“ gehört dem „Partyspiel“-Genre an, das bislang bei den Kinderspielen seltener in bemerkenswerter Qualität zu finden war. Für Erwachsene ist es hingegen etabliert. Es überrascht nicht, dass „Hitster“, für das ein kostenpflichtiger oder werbefinanzierter Spotify-Account notwendig ist, auf der Longlist zum Spiel des Jahres steht. „Fun Facts“ wurde sogar zum Spiel des Jahres nominiert. Es fällt auf, dass über das „Partyspiel“ hinaus einige Titel zu den herausragenden Neuerscheinungen gehören, die mit mehr als vier Personen spielbar sind. Besonders ungewöhnlich ist dies im Kennerspielbereich, wo es mit „Challengers“ sogar ein Turnierspiel gibt, das in großen Gruppen mit bis zu acht Mitspielenden besonders viel Spaß macht.

Spiel- und Kennerspieljury 2023: Stephan Kessler, Udo Bartsch, Maren Hoffmann, Manuel Fritsch, Tim Koch, Martina Fuchs, Bernhard Löhlein, Karsten Grosser, Julia Zerlik, Harald Schrapers (Vorsitzender) und Nico Wagner

Bei den Kinderspielen dominieren – neben einer österreichischen Autorin – die französischsprachigen Spieleautoren. Beim Spiel und Kennerspiel ist es hingegen gemischt: Ein Däne, Kasper Lapp, wird zweimal erwähnt. Ansonsten teilen sich die deutsch-, englisch- und französischsprachigen Autoren sowie ein Japaner die Plätze auf den Listen.

Kinderspieljury 2023: Volker Römke (Beirat), Oliver Gumbrich (Beirat), Christoph Schlewinski (Koordinator), Johanna France, Swetlana Zeiser (Beirätin), Stefan Gohlisch und Jessica Ferg (Beirätin).

Eine einzigartige Würdigung gibt es für „Unlock!“, die erzählstarken Rätselabenteuer, die auf einer Idee des französischen Autors Cyril Demaegd beruhen. Die ersten „Unlock!“-Fälle erschienen bereits 2017. Die Reihe ist an die „Escape“-Spiele angelehnt, ohne sich auf das Motiv der „Flucht“ zu beschränken. Die Qualität der „Unlock!“-Reihe ist über die Jahre stetig gewachsen. Der Sonderpreis geht nun an die aktuellen Fälle „Unlock! Game Adventures“ und „Unlock! Kids: Detektivgeschichten“ – diese kindgerechte Adaption konnte ganz besonders überzeugen. Deshalb wird der Sonderpreis in zweifacher Ausfertigung verliehen: in der Farbe Anthrazit für das Kennerspiel „Unlock“ und in erstmals auch in Blau für das Kinderspiel „Unlock! Kids“.

Abschalten und einen Moment alles um sich herum vergessen dürfen – das ist in unruhigen Zeiten noch wichtiger. Mit den „Unlock!“-Abenteuern kann man dies genauso wie mit den anderen 21 vom Verein Spiel des Jahres ausgewählten Titeln tun.

Welches der in den jeweiligen Kategorieren nominierten Spiele als Sieger gekürt wird, entscheiden die Jurymitglieder am Sonntag, 16. Juli, unmittelbar vor der großen Preisverleihung. Diese wird als Livestream auf Youtube und auf spiel-des-jahres.de aus Berlin übertragen.

Harald Schrapers · Christoph Schlewinski

Fotos: Spiel des Jahres CC BY-SA 4.0