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Michael Modler gewinnt Stipendium 2019

Michael Modler gewinnt Stipendium 2019

Der Sozialpädagoge Michael Modler gewinnt das mit 3000 Euro dotierte Spieleautoren-Stipendium, das ihm an diesem Wochenende in der Göttinger Lokhalle überreicht wurde. Eine von der Spieleautorenzunft benannte Jury, der der Vorjahresgewinner Richard Haarhoff sowie die renommierten Spieleredakteure Lothar Hemme und Henning Kröpke angehören, hatte Modler ausgewählt. Der Verein „Spiel des Jahres“ finanziert das im Rahmen des Göttinger Spieleautorentreffens vergebene Stipendium. Der 38-jährige Preisträger Modler lebt und arbeitet in Ritterhude bei Bremen.

Die Juroren erlebten einen jungen Mann, der vor Ideen übersprudelt. Modler wacht sogar nachts auf, wenn Inspirationen für neue Spielideen bei ihm landen, und das seien sogar die besonders guten. Schon seit acht Jahren versucht der Sozialpädagoge, der mit Suchterkrankten arbeitet, sich als Spieleautor. Vor fünf Jahren wurde sein erster Prototyp von einem Verlag angefordert, aber abgelehnt. Seit drei Jahren ist er kontinuierlicher an seinen Entwicklungen dran, sieht aber durchaus den steinigen Weg vor sich, den man zu gehen habe. Man stehe ganz vorne, werfe Themen und Mechanismen in eine riesige Maschine und wundere sich, dass nach Monaten, manchmal nach Jahren, am Ende keine fertigen Spiele, sondern Absagen vom Band laufen.

Ein Spiel, das er der Maschinerie übergibt, nennt er DAS RÄTSEL VON SOL, in dem sich kooperative und kompetitive Elemente ergänzen und zu Zwickmühlen für die Handelnden werden. Die Spieler steuern gemeinsam neun Helden, die in eine Falle getappt sind. Ihr Ziel ist es, aus der Stadt Sol zu entkommen. Da sich aber in jedem Spielzug nur fünf Helden in eine gemeinsam gewählte Richtung bewegen dürfen, wird es immer schwieriger die Gruppe zusammenzuhalten. Aus diesem Dilemma ergeben sich Diskussionen, schwierige Entscheidungen und ein gemeinschaftliches Erlebnis aus der Abwägung zwischen persönlichen Zielen und der Sicherheit im Team.

Die Juroren waren nicht nur von dieser Idee angetan, sie überzeugte auch das Anklagespiel INNOCENT. Alle seine Ideen habe er „auf den Punkt gebracht“. Modler zeige schon eine erstaunliche Bandbreite bei seinen Entwicklungen,  er seit motiviert und könne sicherlich ganz besonders von diesem Praktikum profitieren. Mit dem Preisgeld absolviert der Gewinner vier einwöchige Praktika bei Ravensburger, im Deutschen Spielearchiv Nürnberg, bei dem Autor Jens-Peter Schliemann und im Spieleladen Spieleburg Göttingen.

Modler musste sich gegen die Spielideen von drei Lehrern und einem Journalisten durchsetzen.

Der Hamburger Lukas Bleuel war einer der Lehrer. Der 30-jährige arbeitet einerseits als freischaffender Künstler, andererseits hat er Lehraufträge im Bereich Darstellendes Spiel und Kunst an zwei Hamburger Gymnasien. Bleuel entwickelt schon seit vielen Jahren Brettspiele, allein, aber auch mit seinen Schülern an den beiden Schulen, an denen er tätig ist. Seit gut einem Jahr besucht er das Hamburger Spielwerk und wird dort bestens bei seinen Spielentwicklungen beraten. Bleuel geht es als Künstler um die sinkende Bildbetrachtungszeit als Folge der größer werdenden Bedeutung von Instagram & Co. Brettspiele sind für ihn daher eine gute Möglichkeit, Menschen dazu zu bewegen, wieder mehr Zeit mit einer Bild- oder Spielfdeldbetrachtung zu verbringen. Er will bewusst Gegenpole zur schnelllebigen Internetrezeption setzen. Kommunikation über Spielmaterial  interessiert ihn daher bei seinen Spielentwicklungen.

In FLIEGENFISCHEN setzt er diesen Ansatz für Kinder um. In seiner Idee geht es für Kinder ab fünf Jahren um motorische Fähigkeiten und das Einschätzen von Längendistanzen.

Bleuel hat sich nicht nur für das Autoren-Stipendium beworben, sondern auch um ein Kunststipendium in Königshain. Die Praktika, die die Jury finanziert, konnte er zwar nicht gewinnen, aber das Stipendium in der Oberlausitz. Für vier Wochen lebt und arbeitet er auf Schloss Königshain bei Görlitz. Seine Ausstellung „Points of View“ mit ungewöhnlich großen Aquarellen Bleuels wurde am letzten Wochenende dort eröffnet.

Für den 35-jährigen Marco Klenk war der Wettbewerb ein Heimspiel. Der im Augenblick in Göttingen lebende Informatiker hat lange Zeit als Softwareentwickler in Mannheim gearbeitet, sich dann aber doch entschlossen, seine Kenntnisse an Schüler weiterzugeben. Daher befindet er sich zurzeit in einem Lehramtstudium für Mathematik und Informatik an der Uni in Göttingen.

Sein Hintergrund führte daher zuerst zur Entwicklung von Computerspielen, seit drei Jahren beschäftigt er sich aber auch mit der Entwicklung von Brett- und Kartenspielen. Durch Erfahrungen mit seinen vier eigenen Kindern, setzt er sich sogar bewusster für eine „Analogisierung“ des Spielens ein, dazu möchte er mit seinen Ideen beitragen.

So in dem Kartenspiel ICH WILL NUR BONBONS, das die typischen Schulhoftauschgeschäfte in den Fokus nimmt. Deutlich abstrakter geht es in seinem Legespiel TRILUDIUM zu, mit dem er räumliches Denken fördern möchte.

Neben der Quadriga der „Pädagogen“ war der 40jährige Kristian Klooß fast ein Exot. Klooß arbeitet als freier Journalist in Bremen, wo er u.a. für Radio Bremen unterwegs ist. Klassisch spielerisch in der Familie sozialisiert, bedeuteten die Begegnung mit CATAN und MAGIC in den 90ern Initialzündungen, die zu eigenen Spielentwicklungen anregten. Als begeisterter Schachspieler hat er während seines Studiums in Marburg als erstes eine Vierervariante des Spieleklassikers entwickelt. Spiele sollten produktiv-, sinnerfüllt sein, beispielsweise Wissen vermitteln. In einem frühen Entwurf seiner Ideen mussten sich Spieler als Universalgenies beweisen. Seit 2016 beschäftigt er sich intensiver mit Spielentwicklung, konsumiert jeden Podcast oder YouTube-Beitrag über Spieldesign. Die Prototypen stapeln sich inzwischen im Körnewall in Bremen.

Ausgewählt aus diesem Stapel hat er u.a. das Assoziationspiel ROHRSCHACH, das sich an die bekannten Tintenklecksbilder des gleichnamigen Schweizer Psychoanalytikers anlehnt, ein kommunikatives Spiel, dass kooperativ, aber auch kompetitiv gespielt werden kann und das der Autor in Beziehung zu DIXIT und CODENAMES setzt. Deutlich komplexer ist sein Kartenspiel CHRONICA, in dem er sehr konkret in überschaubare historische Phasen einsteigt. Am Beispiel des frühen 20. Jahrhunderts führte er seine Spielidee vor.

Die Geschichte liebt auch Justin Müller aus Mainz. Mit 27 Jahren war er der jüngste Kandidat in diesem Jahr. Müller hat im Herbst letzten Jahres sein Lehramtsreferendariat in Berlin beendet und arbeitet seit Februar in Rüsselsheim an einer Schule.

Der Altphilologe liebt komplexe Spiele. In seinem ersten Spiel ANTIQUUS MUNDUS bringt er antike Kriegsschauplätze auf den Spieltisch. Seit 2010 bastelt er schon an dieser Idee, die er – wie er selbst sagt „im Traum“ entwickelt habe. Da geht es ihm wohl wie Michael Modler. Nach dem Motto seiner ehemaligen Kunstlehrerin, ein Künstler sei niemals fertig, entwickelt er seine Ideen immer weiter. 2018 präsentierte er die damalige Fassung seines ersten Spiels auf der BerlinCon.

Besonders freut es ihn, wenn er es mit seinem Spielentwicklungen schafft, hartnäckige PC-Spieler für seine analogen Brettspielrunden zu begeistern. Dazu greift er dann aber auch zu Mitteln, die ihm dies erleichtern, zum Beispiel zu Brettspielumsetzungen von PC-Spielen, wie bei Z – DAS BRETTSPIEL.

Wieland Herold