Suche
Suche Menü

Kritikenrundschau: Killercruise – ein Schiff wird kommen

Nach „Safehouse“ ist „Killercruise“ (Marco Teubner, Moses) das zweite Spiel, dem der Krimiautor Sebastian Fitzek seinen Namen leiht – dieses Mal jagen die Spieler*innen, in Anlehnung an seinen Roman „Passagier 23“, einen Psychopathen auf einem Kreuzfahrtschiff. Macht das Spiel seekrank oder drehen sich die Mägen vor Spannung um? In ihren jeweiligen Medien haben viele unserer Jurymitglieder eine Fahrt auf dem Killerkahn gebucht.

Den Grundmechanismus borge sich „Sebastian Fitzek – Killercruise“ von „Pandemie“, schreibt Stephan Kessler in seinem Blog. „Mit Karten bewegen wir die Spielfiguren von Schiffsraum zu Schiffsraum, der Killer geht weiter, wenn beim Nachziehen von Karten eine Killerkarte aufgedeckt wird. Passagiere in den Räumen stehen für Aufträge, die wir erfüllen müssen, bevor die Killerfigur diese erreicht. Nach fünf Killer-Passagier-Treffen ist die Kreuzfahrt vorbei. Die Türen öffnen wir, indem wir zwei farbige Schlüssel ablegen, die auch auf den Karten abgebildet sind. Im Unterdeck finden wir Hinweise, die den Zufluchtsort des Psychopathen immer mehr eingrenzen. Finden wir diesen heraus, überleben wir die Killercruise.“

Unpassende Comic-Figuren

Der prinzipielle Ablauf sei spannend, meint Kessler. In dem kooperativen Spiel ergäben sich schnell Diskussionen über mögliche Strategien. Der Zufall spiele allerdings auch eine große Rolle: „Werden dem Killer die Passagiere direkt vor die Nase platziert, stehen wir da wie gebucht und nicht abgeholt. Werden nur Hinweise gefunden, die das Versteck des Psychopathen nicht mehr einschränken, schauen wir dumm von der Reling.“ Kessler kritisiert die comichafte Aufmachung der Figuren, die nicht so recht zu dem Thema passe, und das manchmal etwas abrupte Ende.

„Insgesamt“, meint Stephan Kessler, „liegt ein kommunikatives Krimispiel vor, dessen Regeln eingängig und rund sind, wenngleich sie sich gerne noch etwas mehr von „Pandemie“ hätten absetzen können. Das Schiff als 3-D-Modell und die spannende Grundthematik wirken anziehend auf Wenigspielende.“ ¹

Spannender als ein Sonntagabend-Fernsehkrimi

Stefan Gohlisch kommt in der Neuen Presse zu einem ähnlichen Schluss: „Teubner ist nach ,Safehouse‘ einmal mehr ein gelungenes Spiel für die Zielgruppe gelungen: ,Killercruise‘ richte sich eher an Fitzek- denn an Spiele-Fans. „Es ist fordernd, aber nicht überfordernd, transportiert so amüsant wie aufregend Thriller-Stimmung und nimmt sich dabei nicht zu ernst. Spannender als ein Sonntagabend-Fernsehkrimi ist es allemal“, schreibt er. 4 von 5 Sternen vergibt Gohlisch für das Spiel.²

„Ein Hingucker ist das dreidimensionale Schiff, der Spielplan“, sagt Bernhard Löhlein in seiner Radiosendung. „Das verzeiht einige Ungereimtheiten, zum Beispiel braucht es manchmal viel zu lange, bis man den entscheidenden Hinweis erhält.“ Sein Fazit fällt allerdings positiv aus: „Tolle Atmosphäre und spannend bis zum Schluss.“³

Schwachstellen trotz toller Schachtel

Zu denen, die Spaß an dem ungewöhnlichen Spielplan haben, gehört auch Udo Bartsch. „Wer ,Killercruise‘ auf dem Tisch liegen sieht, ist sofort fasziniert und will es spielen“, schreibt er. Prinzpiell gefällt ihm das Spiel: „Es ist spannend, es ist bedrohlich, es ist sehr kommunikativ. Wir müssen unsere Züge gut planen und optimieren, um ans Ziel zu kommen. Dass wir auch Glück benötigen, um mit den passenden Handkarten bedrohliche Situationen zu bereinigen, gehört dazu.“ Dennoch fallen ihm mehrere problematisch Stellen auf. „Es gibt keine Indizien, wo wir suchen müssen, damit es vorangeht. Selbst wenn wir den Aufenthaltsort des Psychopathen auf wenige mögliche Räume eingegrenzt haben, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass wir in irgendeinem dieser Räume die Auflösung finden werden.“ Das mündete oft in stumpfes Abarbeiten. Das zweite Problem ist der Mechanismus des Nachziehstapels: „Immer mal wieder geschieht es, dass nach der ersten Killerbewegung die neue Passagierkarte dem Killer direkt vor die Füße gelegt werden muss und wir keine Chance haben, sie noch zu retten, weil die unmittelbar folgende zweite Killerbewegung das leichte Opfer gleich wegnascht.“ Die faszinierende Gestaltung des Spiel kann Bartsch letztendlich nicht über diese Problemstellen hinwegtrösten – 4 von 7 Sternen erhält das Spiel bei ihm, und damit die Wertung „solide“.

Auch Harald Schrapers hat beobachtet, dass das Spiel manchmal unbefriedigend endet: „Dann steht man bereits in den zwei einzigen Räumen, die überhaupt in Frage kommen. Aber die Lösung befindet sich in einem Raum, von dem wir wissen, dass dort der Psychopath nicht ist. Dann rät man lieber den richtigen Ort – immerhin mit einer Eins-zu-eins-Chance.“ Schrapers findet, dass die Psychopathen-Story in Relation zu dem „gar nicht so nervenzerfetzenden“ Ablauf sehr dick aufgetragen sei. „Der Verlag möchte offensichtlich kein Familienspiel anpreisen, sondern peilt die Zielgruppe der Fitzek-Leserinnen und Leser an und schreibt mit ,ab 12‘ eine für die Komplexität deutlich zu hohe Altersangabe auf die Schachtel.“ Insgesamt könne „Killercruise“ trotz kleinerer Mängel überzeugen, er vergibt fünf von sechs möglichen Punkten. „Da man mit verdeckten Handkarten spielt, haben die Mitspielenden genug eigene Entscheidungsmöglichkeiten, ohne sich von einem Alphaspieler das Vorgehen diktieren zu lassen.“

Auch bei Julia Zerlik fällt die Schachtel von „Killercruise“ positiv auf: „Es ist eine der besten, durchdachtesten Schachteln, die ich je gesehen habe“, sagt sie in ihrer Videorezension, „dieses ganze Schiff ist eigentlich der Schachtelboden. Es lädt direkt dazu ein loszuspielen.“ Zwei kleine Kritikpunkte hat Zerlik dennoch: Die Hinweise auf den Psychopathen seien teilweise recht repetitiv: „Es kann passieren, dass man sich mühsam einen Hinweis freigespielt hat und denkt dann: Toll, das wussten wir doch schon.“ Außerdem sei der Aufbau sehr aufwändig.
Dennoch fällt Zerliks Fazit sehr positiv aus: „Es ist sehr ausbalanciert“, sagt sie, gerade auch aufgrund variabler Schwierigkeitsgrade. Es böte Spaß und Spannung und sei „sehr, sehr rund“.

¹ Krimimaster: Psychopath auf Fahrt
² Neue Presse, Ausgabe vom 29.10.2020
³ Radio IN, Spiel der Woche vom 7.11.2020
Rezensionen für Millionen: Killercruise
games we play: Killercruise
Spiel doch mal…: Killercruise