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Trauer um Bernward Thole: Ein Leben für das Spiel

Thole

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Bernward Thole, Ehrenvorsitzender der Jury Spiel des Jahres, ist am 18. Dezember im Alter von 87 Jahren in Marburg gestorben. Mit seinem Tod endet ein Leben für das Spiel, für die Anerkennung des Spiels als Kulturgut, für das Spielen in Familie und Gesellschaft; und es endet ein Wirken, das die Entwicklung des Brett- und Gesellschaftsspiels in Deutschland seit den frühen 1980er Jahren wesentlich mitgeprägt hat.

Bei all seinen Tätigkeiten hat sich der promovierte Literatur- und Medienwissenschafter Thole als Vermittler verstanden. „Dem Homo Ludens eine Gasse bahnen“: Diesen Leitspruch hatte er schon früh von seinem Vorbild Eugen Oker übernommen, einem der ersten Spielrezensenten im deutschsprachigen Raum. Mit dem eigenen Schreiben über Spiele wollte Thole, wie er selbst sagte, „bei den Leserinnen und Lesern Interesse und Spielfreude wecken, um sie an den Spieltisch zu bringen“. Ihm ging es darum, dass die Menschen gemeinsam etwas unternehmen, etwas, das sie über die vordergründige Aktivität miteinander verband, und zwar über alle im Alltag geltenden Grenzen hinweg – Geschlecht, Alter, soziale Schicht, Herkunft. Ein Anspruch, der aktueller nicht sein könnte.

Dafür war das Spiel das ideale Medium. Bernward Thole sah seine Lebensaufgabe darin, dessen Schätze, Schönheiten und Potenziale immer wieder von neuem zu erschließen. Er tat dieses nicht mit dem Zeigefinger, sondern schrieb als Rezensent in der „Zeit“, der „Frankfurter Rundschau“ und der „Oberhessischen Presse“ über Emotionen, Spaß und Erlebnisse, ermöglicht durch das gemeinsame Spielen. Kritiken, die sich in „Schachtelhuberei und Regelnachbeterei“ erschöpften, waren ihm „ein Gräuel“, wie er einmal sagte. Spielekritik fand für Bernward Thole nicht im luftleeren Raum statt, sondern im Austausch mit spielenden Menschen, die ihm immer wieder neue Eindrücke vermittelten. Nicht zuletzt prägten solche Erfahrungen eine Vorliebe für bestimmte Spiele: „Wenn man sieht, welche Art von Spielen Menschen zum Spielen bringen, sind es Spiele mit Esprit, Spiele mit einer gewissen Doppelbödigkeit, kurz: spielerische Spiele.“ Für diese Art von Spielen machte sich Bernward Thole immer auch in Debatten in der Jury Spiel des Jahres stark. Das Gegenteil, „konstruierte Spiele, bei denen die Korsettstangen noch herausschauen“, mochte er nicht.

Preisverleihung 1979: Bernward Thole und Antje Huber, damalige Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit

Vor diesem Hintergrund kann es nicht erstaunen, dass das von ihm 1985 gegründete Deutsche Spiele-Archiv – eine Institution mit wissenschaftlichem Anspruch – regelmäßig Spielveranstaltungen durchführte. Es wollte zusammen mit dem „Fachdienst Spiel“ ein Ort der Vermittlung sein, nicht für Freaks oder sonstige exklusive Spieler, sondern für alle.
Vermittlung stand auch hinter der Idee, die ersten Preisverleihungen der Jury Spiel des Jahres in der Volkshochschule Essen als Familienspielabende zu gestalten. Die Bilder mit den spielenden Bundesfamilienministerinnen Antje Huber beziehungsweise Rita Süssmuth tauchen jetzt wieder in der Erinnerung auf. Auf seine Initiative geht auch das „Spiele-Café“ an der Internationalen Spielwarenmesse in Nürnberg zurück, dies als Ort der Begegnung und des informellen Austauschs unter Spieleinteressierten.

Während langen Jahren hat Bernward Thole die Geschichte der Jury Spiel des Jahres geprägt. Er war 1979 Gründungsmitglied dieser anfangs als Exoten oder Spinner belächelten Gruppe von Kritikern, die auf eine besondere Art dem Spiel „eine Gasse bahnen“ wollten, mit der Auszeichnung von Spielen, die ihrer Ansicht nach besonders geeignet waren, die Menschen zum Spielen zu bringen sowie dem Kulturgut Spiel Anerkennung zu verschaffen. Bis 1994 amtierte Bernward Thole als Sprecher, bis 2007 leitete er die im Deutschen Spiele-Archiv in Marburg untergebrachte Geschäftsstelle des Vereins.

Preisverleihung 1991: Bernd Brunnhofer (Hans im Glück-Verlag), Klaus Teuber (Autor „Drunter & Drüber“), Franz Vohwinkel (Illustration), Bernward Thole

2010 transferierte Bernward das Archiv nach Nürnberg, wo es als eigenständige Einrichtung der Stadt Nürnberg fortbesteht. Die Trennung von seinem „Kind“ fiel ihm außerordentlich schwer. Auch litt er unter der gegenseitigen Entfremdung zwischen ihm und dem Verein Spiel des Jahres nach der Reorganisation der Geschäftsstelle.

Für sein vielseitiges und engagiertes Wirken für das Spiel wurde Bernward Thole mehrfach geehrt. Bei seinem Ausscheiden aus dem Verein im Jahr 2004 verlieh ihm der Spiel des Jahres e.V. die Ehrenmitgliedschaft. Bereits 1997 war er mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet worden. 2006 wurde ihm anlässlich seines 70. Geburtstages in Würdigung seines herausragenden ehrenamtlichen Engagements die Goldene Ehrennadel der Stadt Marburg verliehen.

Bernward Thole hat alle diese Ehrungen mehr als nur verdient. Denn sein Einsatz war unermüdlich, und immer war er voll von neuen Ideen bis hin zu einem Europäischen Spielezentrum. Er war eine starke und prägende Persönlichkeit, fordernd und eigenwillig, aber immer zutiefst ehrlich und menschlich. Gerade diese letzte Eigenschaft prägte seinen Umgang mit den Menschen in seinem Umfeld, in dem im Laufe der Zeit viele echte Freundschaften entstanden.

Viele, die Bernward Thole näher kannten, fragten sich, wie er das alles schaffte. Denn sie wussten, dass ihn seine Familie stark in Anspruch nahm. So pflegte er seine schwerkranke Frau bis zu ihrem Lebensende, eine höchst anspruchsvolle Aufgabe. Hinzu kam, dass ihm die finanzielle Absicherung des Deutschen Spiele-Archivs in den Anfangsjahren manche schlaflose Nacht bereitete. Und schließlich hatte er auch noch einen Beruf an der Universität Marburg.

In den letzten Jahren wurde es zunehmend stiller um Bernward Thole. Altersbeschwerden machten sich zunehmend bemerkbar, von denen er jetzt erlöst worden ist. Es bleibt die Erinnerung an einen Menschen, der viele andere Menschen zur schönsten Sache der Welt geführt hat, dem Spielen.

Seiner Familie und seinen Angehörigen gilt unser herzliches Beileid.

Synes Ernst