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Praktikumsberichte von Marco Kujat

Praktikumsberichte von Marco Kujat

Marco Kujat besuchte Jens-Peter Schliemann in Bonn, das Deutsche Spielearchiv in Nürnberg, den Ravensburger Spieleverlag und die Spieleburg Göttingen. Hier ist der Bericht seiner Erlebnisse und Erfahrungen.

Spiele-Erfinder-Studio von Jens-Peter Schliemann

Der erste Teil meines Autorenstipendiums bestand aus einem Besuch bei dem hauptberuflichen Spieleautor Jens-Peter Schliemann. Eine Woche lang hat Jens-Peter mir gezeigt, an welchen Projekten er zur Zeit arbeitet und mir dabei einen umfangreichen Einblick in die Arbeit als Spieleautor gegeben.

Zu Beginn der Woche haben wir eine Grundschule besucht, an der mit Bernd Poloczek und Uta Krüger zwei Spieleautoren arbeiten, mit denen Jens-Peter das Bauspiel „Talo“ entwickelt hat. Auf der Basis des Materials dieses Spiels arbeiten die drei an der Entwicklung von Lernspielformen für Grundschüler, mit denen den Kindern ein einfacherer Zugang und ein besseres Verständnis für Zahlen vermittelt werden soll. Dieses Projekt wird außerdem wissenschaftlich begleitet von der Professorin für Didaktik der Mathematik Kerstin Tiedemann. Durch die wissenschaftliche Begleitung des Projektes, entstehen außerdem einige Masterarbeiten zu dem Thema. So kam es dazu, dass wir an diesem Tag einige entwickelte Spielformen mit einer Schülergruppe unter Aufsicht der Studierenden testen konnten. Da ich mich bisher weder mit Kinderspielen noch mit Lernspielen befasst hatte, war es sehr spannend für mich zu sehen, welchen Unterschied es für die Motivation hat, wenn den Schülern Aufgaben in spielerischer Form vermittelt werden. Der Lerneffekt war unmittelbar beobachtbar und so habe ich zum ersten Mal mit einer ganz anderen Möglichkeit dessen zu tun gehabt, was ein Spiel leisten kann. Die Besuche in der Schule nutzt Jens-Peter aber auch um andere seiner Ideen direkt darauf zu prüfen, ob die Kinder sie annehmen. Dabei habe ich schnell gelernt, dass es bei Kinderspielen wesentlich mehr auf das Beobachten der Reaktionen ankommt, da man häufig kein unmittelbares reflektiertes Feedback, wie von Erwachsenen Testspielern erwarten kann.
Am Abend haben sich alle beteiligten des Talo-Projektes getroffen und ihre bisherigen Erfahrungen ausgetauscht. Da gerade sechs Masterabeiten mit unterschiedlichen Schwerpunkten zu dem Projekt verfasst werden, wurden sehr unterschiedliche Blickwinkel auf das Projekt erörtert.

Am Dienstag habe ich Jens-Peter zu Hause besucht und wir haben nach einem gemeinsamen Frühstück lange über seine Arbeit und die Abläufe in der Zusammenarbeit mit den Verlagen gesprochen. Dabei konnte er mir sehr viele Tipps geben, sei es was die Kontaktaufnahme mit den Verlagen angeht oder die Vertragseinzelheiten, die man als Spieleautor unbedingt beachten sollte. Dabei haben wir weitere Ideen für ein weiteres Lernspielzeug ausprobiert, an dem Jens-Peter zur Zeit arbeitet. Ansonsten stand der Tag ganz im Zeichen der bisherigen Veröffentlichungen von Jens-Peter. Da ich mich im Kinderspielebereich bisher überhaupt nicht auskannte, war das ein sehr wertvoller Einblick für mich. Besonders interessant fand ich es die einzelnen Entwicklungsstufen und Prototypen des Spiels „Glupschgeister“ von Jens-Peter Schliemann und Bernhard Weber zu sehen. Die kreativen Prozesse der Entstehungsgeschichte waren so sehr gut für mich nachzuvollziehen.
Im Laufe der Woche bekam ich außerdem mit, wie Jens-Peter einen Plan für ein Seminar an einer Hochschule aufstellte oder angepasste Versionen für Spieleerscheinungen im Ausland entwickeln musste.

Da Jens-Peter alle seine Projekte in Zusammenarbeit mit anderen Autoren angeht, standen in den nächsten Tagen einige Besuche bei seinen Kooperationspartnern an und wir spielten einige Testrunden der aktuellen Prototypen der Spiele, die sich zur Zeit in der Entstehung befinden. Dabei wurde nach jeder Runde an der ein oder anderen Schraube der Spielmechanik oder des Materials gedreht und man hatte immer das Gefühl einen ganzen Schritt weiter gekommen zu sein. Sehr außergewöhnlich habe ich dabei die Reduzierung eines Spiels auf die reine spielmechanische Theorie empfunden. Bei dem Spiel, welches ich in einer ersten Runde bereits in vollem Design und mit ganzer Story kennen gelernt habe, haben sich durch diese Reduzierung noch einige Probleme gezeigt, die in vorherigen Testrunden versteckt geblieben waren. Es lohnt sich also manchmal einen Schritt in der Entwicklung zurück zu machen, um bestimmte Schwierigkeiten zu identifizieren.

Die Woche war sehr lehrreich für mich und zugleich sehr motivierend den Weg als Spieleautor weiter zu gehen. Ich war von der Vielseitigkeit, die der Beruf haben kann sehr überrascht und kann mich nur bei Jens-Peter für eine wirklich schöne Woche bedanken!

Deutsches Spielearchiv

Eine Station des Spielautorenstipendiums führte mich ins Deutsche Spielearchiv nach Nürnberg. Dabei wurde ich von Christin Lumme und Torsten Lehmann im Empfang genommen und betreut. Mein Besuch in Nürnberg fiel dabei mit der Blauen Nacht zusammen. Dabei handelt es sich um eine Kulturveranstaltung, bei der die Museen der Stadt offen stehen und die Besucher mit besonderen Programmpunkten und Kunstinstallationen empfangen werden. Dabei darf natürlich auch das Deutsche Spielearchiv nicht fehlen – und so hatte ich die Möglichkeit, selbst zum Programmpunkt der Blauen Nacht zu werden.

Nach meiner Ankunft bekam ich zunächst jedoch eine Führung durch die Räumlichkeiten des alten Pellerhauses, in denen sich das Archiv befindet. Man betritt die Räumlichkeiten durch eine großes Foyer, in dem einige Spiele schön säuberlich in Vitrinen präsentiert werden. In den eigentlichen Arbeitsräumen des Archivs bietet sich dann ein anderer Anblick. In den Regalen und auf den Schreibtischen stapeln sich Spiele, die noch archiviert werden sollen. Man hat schnell den Eindruck, dass es eine große Herausforderung ist, der Flut an Spielen Herr zu werden. Das bestätigt Torsten mir schnell und ich erfahre, dass längst nicht jede Veröffentlichung in den Bestand aufgenommen werden kann. Unter anderem die Fülle an Neuauflagen und Lizenzausgaben von bereits veröffentlichten Spielen macht das unmöglich.
Neben den Arbeitsräumen befindet sich auch ein großer Spielsaal in dem Gebäude, der von einigen Regalen mit spielbaren Exemplaren diverser Spiele eingerahmt wird. Dieser Saal wird bei den zahlreichen Veranstaltungen wie z.B. bei den Spielenachmittagen für Familien des Spielearchivs genutzt. Die eigentlichen „heiligen Hallen“ des Spielearchivs sind jedoch natürlich die Archivräume, in denen die Sammlung aufbewahrt wird. Ursprünglich aus einer privaten Sammlung von Bernward Thole hervorgegangen, findet sich heute noch eine thematische Ordnung der Spiele in den Regalen. Dabei erzählt jeder Gang eine eigene spannende Geschichte, wenn man beispielsweise die Geschichte und Entwicklung der Sportspiele direkt nebeneinander aufgereiht vor sich sieht. Wenn man die nötige Zeit mitbringt, kann man sich hier wahrscheinlich wochenlang verbarrikadieren und wird immer wieder spannende Spiele entdecken, die man unbedingt mal gespielt haben möchte. Aber nicht nur die Spiele selbst werden in Nürnberg archiviert. Auch Fachliteratur zum Thema Spiele findet hier ihren Platz. Gerade für die Arbeit als Spieleautor ist das besonders spannend und so hab ich die Gelegenheit ergriffen und mich hier ausgiebig niedergelassen und Bücher durchstöbert. Auch hier hätte ich mich sicher sehr lange zurückziehen können und würde es jedem Interessierten empfehlen mal einen Termin zum Stöbern zu machen, wenn er nach Nürnberg kommt.

Mein persönliches Highlight in dem Bestand des Archivs wird jedoch in einem anderen Raum präsentiert. Und zwar bewahrt das Deutsche Spielearchiv den Nachlass des Spieleerfinders Alex Randolph auf. Viele seiner Prototypen werden dazu in einem gesonderten Schaudepot ausgestellt. Die ausgearbeiteten Spielbretter und -figuren, die dabei nicht selten extra aufwendig gedrechselt wurden, verschaffen einem schnell den Eindruck von einer besonderen Liebe zum Erfinden von Spielen.

Nach der Führung stand meine Zeit in Nürnberg ganz im Zeichen der Blauen Nacht. Das Motto der diesjährigen Ausgabe lautete „Odyssee“. Ein Motto, dass sowohl für die Tätigkeit als Spieleautor, als auch als Thema für eine große Fülle von Spielen sehr passend erschien. Und so wurde im Archiv eine Auswahl an Spielen zusammengestellt, die am Abend der Blauen Nacht besonders präsentiert werden sollten. Die Vitrinen im Foyer wurden mit thematisch passenden Spielen befüllt und einige Tische wurden aufgestellt und mit spielbaren Exemplaren ausgestattet. Das Pellerhaus besitzt außerdem ein altes Gewölbe, das an diesem Abend genutzt wurde, um die Besucher unter der Leitung zweier Schauspieler in die Welt des Spiels „Die Werwölfe von Düsterwald“ eintauchen zu lassen.
Ich selbst bekam einen eigenen Tisch im Foyer, den ich einerseits dazu nutzen konnte, meine eigenen Prototypen von den Besuchern testen zu lassen, andererseits um von meiner bisherigen Tätigkeit als Spieleautor zu berichten. Daraus hat sich ein schöner Abend mit vielen spannenden Spielrunden und Gesprächen ergeben. Durch die Zeit im Nürnberg hat sich mir ein neuer Blickwinkel von kultureller Seite auf das Thema Brettspiel eröffnet.
Vielen Dank an die Besucher der Blauen Nacht, die sich an meine Prototypen gewagt haben und natürlich an Tina und Torsten für die Möglichkeit einen Blick in das Deutsche Spielearchiv zu werfen!

Ravensburger Spieleverlag

Ein Teil des Spieleautorenstipendiums sollte mir die Möglichkeit bieten, die Spielebranche von Verlagsseite aus betrachten zu können. Dazu durfte ich eine Woche lang ein Praktikum beim Ravensburger Spieleverlag machen. Betreut wurde ich in dieser Woche in der Redaktion für Gesellschaftsspiele von André Maack, den ich bereits beim Spieleautorentag in Göttingen kennenlernen durfte.

Als ich am ersten Tag in die Redaktion kam, wurde ich sehr nett empfangen und konnte in der Teambesprechung der Redaktion zu Wochenbeginn direkt einen Eindruck davon bekommen, womit sich die Redakteure zur Zeit befassen und wie die Woche für mich ablaufen wird.

Meine erste Tätigkeit war daraufhin ein Spieletest. Die zu testenden Spiele werden dabei immer von einem Redakteur vorbereitet und anschließend gemeinsam in der Redaktion getestet. Nach der Testrunde wird ein Testblatt ausgefüllt, auf dem die Eindrücke und Bewertungen jedes Mitspielers festgehalten werden, um einen erste Eindruck davon zu bekommen, ob ein Spiel ein Kandidat für eine Veröffentlichung bei Ravensburger sein kann. Während es sich bei meinem ersten Test um ein Spiel handelte, welches zum ersten Mal in der Redaktion gespielt wurde und somit der Gesamteindruck im Vordergrund stand, durfte ich anschließend an einer Testrunde der Redaktion für Kinderspiele teilnehmen, bei der kleinere Änderungen an einer Spielmechanik getestet werden sollten. Für den nächsten Tag, bekam ich außerdem noch den Auftrag selbst ein Spiel vorzubereiten und die Regeln zu studieren.

Aber natürlich wird in der Redaktion nicht nur gespielt. So ging es weiter mit dem Überprüfen eines Entwurfs für den Druck eines Spielkartons. Dabei musste die Farbgebung, die Anordnung von Symbolen und jedes kleinste Detail genau überprüft werden, da mit der endgültigen Freigabe zum Druck eine Fehlerkorrektur nicht mehr möglich ist.

Eine andere Aufgabe bestand darin, einen Spielplan eines Prototypen von Form und Größe so anzupassen, dass Größe und Format in das mögliche Stanzformat passen. Dazu durfte ich den Spielplan ausdrucken und in seine Einzelteile zerlegen, damit durch eine andere Anordnung von Symbol- und Punkteleisten sowie des eigentlichen Spielfeldes die Formatvorgaben eingehalten werden können.

Am zweiten Tag wurde mir zunächst der Stauraum der Redaktion gezeigt, in dem große Mengen von Spielmaterialien gelagert wurden, die bei der Erstellung und Bearbeitung von Prototypen hilfreich sein können. Da diese Teile gerade als Spieleautor immer wieder in großen Mengen gebraucht werden, habe ich mich besonders darüber gefreut, mir hier am Ende der Woche einen Karton zusammenstellen zu können, den ich mit nach Hause nehmen durfte. In der Redaktion haben wir unter anderem das von mir vorbereitete Spiel getestet und Karten beklebt für einen veränderten Prototypen eines anderen Spiels. Außerdem wurden die Wünsche für einen Vertrag mit einem Autor bearbeitet. Dabei war es spannend zu erfahren, welche Wege einzelne Änderungen in Vertragsentwürfen im Unternehmen gehen müssen, da die Redakteure hier neben Verhandlungspartnern auch Boten zwischen der Rechtsabteilung und den Autoren sind.

Außerdem hat André für mich ein Einführungsgespräch mit Anne Lenzen aus der Kinderspielredaktion über deren Arbeit und die Besonderheiten und Unterschiede zu der Redaktion für Gesellschaftsspiele arrangiert. Dabei haben wir Kinderspiele aus dem aktuellen Programm angespielt und Anne hat Anekdoten aus der redaktionellen Entstehungsgeschichte der Spiele erzählt. Ein Punkt der bei Kinderspielen besonders wichtig ist, ist dabei die Materialbeschaffenheit. Während erste Prototypen noch aus Alltagsgegenständen gebastelt wurden, war es bei der Ausarbeitung eine besondere Herausforderung die Funktionalität mit den Sicherheitsstandards von Ravensburger in einer professionell ausgearbeiteten Version vereinbaren zu können. Da die unternehmenseigenen Standards die rechtlich vorgeschriebenen deutlich übertreffen, hat die Abteilung der technischen Produktentwicklung hier häufig Mammutaufgaben zu erledigen.

Am Mittwoch stand neben einem weiteren Spieletest und Bastelarbeiten für andere Prototypen für mich ein Besuch im unternehmenseigenen Archiv an. Die Entwicklung der Spiele von Ravensburger so gesammelt zu sehen, vermittelt einem dabei das Gefühl ein gutes Stück Zeitgeschichte vor sich zu sehen. Von dem ersten von Ravensburger veröffentlichen Spiel „Reise um die Erde“ aus dem Jahr 1884 bis zum aktuellen Programm, ist hier beinahe alles zu finden.

Anschließend hatte ich die Möglichkeit einen meiner eigenen mitgebrachten Prototypen in der Redaktion vorzustellen und eine Testrunde mit vollständigem Feedback spielen lassen zu können.
Durch einen frühen Feierabend hatte ich auch die Zeit mir die schöne Stadt und die Umgebung anzuschauen und bei bestem Wetter zu genießen. Natürlich nicht, ohne dass André mir einige Tipps mitgegeben hat, wo sich ein Besuch besonders lohnt.

Der Donnerstag begann für mich mit einem kurzen Einlesen in die Spielthematik eines Spiels, für das noch ein Titel gefunden werden musste. Nachdem ich mir einen Eindruck verschaffen hatte, starteten wir ein Brainstorming, um einen geeigneten Namen zu finden. Dabei wurden mehrere Zettel vorbereitet, auf denen zu Beginn jeder aus der Runde Vorschläge notieren konnte. Daraufhin wurden die Zettel in die Mitte gelegt und jeder nahm sich nach und nach weitere Zettel, um sich von den Ideen der anderen inspirieren zu lassen und neue Vorschläge zu Ergänzen. Als alle Zettel vollständig ausgefüllt waren, hat jeder für sich notiert, welche Vorschläge er für geeignet hält. Am Ende wurden die Vorschläge mit den meisten Stimmen gesammelt und den Autoren zur Bewertung und als weitere Inspirationsquelle geschickt.
Ein weiterer Programmpunkt war dann der Test zweier Prototypen durch die Juniorenfirma. Dabei handelt es sich um ein Unternehmen im Unternehmen, welches von den Auszubildenden selbstständig geführt wird. Ein Aufgabenbereich der Juniorenfirma ist dabei neben der Erstellung eigener neuer Produkte, die intern produziert werden können, auch das Zurverfügungstellen von Dienstleistungen für andere Unternehmensbereiche, wie in diesem Fall für die Redaktion für Gesellschaftsspiele. Da unter den Testspielern so nicht mehr nur professionelle Spieleredakteure sitzen, sondern auch Auszubildende aus anderen Bereichen des Unternehmens wie der Fertigung, erlauben einem diese Testrunden einen anderen Blickwinkel auf die zu testenden Spiele.

Am letzten Tag meiner Woche in Ravensburg stand neben weiteren Bastel- und Testarbeiten eine Führung durch die Abteilung für die technische Produktentwicklung an. Hier vervollständigte sich für mich der Eindruck davon, wie viel Arbeit in einem fertigen Produkt liegt, die für mich als Autor im Normalfall verborgen geblieben wäre.
Bei dem abschließenden Teamgespräch schloss sich der Kreis der Woche und jeder Redakteur konnte sein persönliches Fazit zu der Woche ziehen und auch Kritik üben, wenn ihm in dieser Woche irgendwelche Abläufe nicht gefallen haben. Mein persönliches Fazit fiel dabei durchweg positiv aus. Ich habe viele Einblicke in die Abläufe der Verlagsarbeit und auch in die Anforderungen bekommen, die an potentielle Spiele von Ravensburger gestellt werden. Das wird mir in meiner weiteren Tätigkeit als Spieleautor mit Sicherheit eine Hilfe sein.

Vielen Dank an André Maack und die gesamte Redaktion!

Spieleburg

Der letzte Teil meines Autorenstipendiums führte mich in die „Spieleburg“ in Göttingen und somit zurück an den Ort, wo mit dem Gewinn des Förderpreises alles begann. In dem Spiele- und Spielwarenladen von Arne Soltendieck bekam ich als letztes Puzzlestück in meinem Rundumblick der Spielebranche einen Eindruck davon, wie der Alltag im Einzelhandel und damit auf der Ebene unmittelbar vor dem Spieler selbst aussieht.

 Die Spieleburg ist nach mehreren Umzügen und damit verbundenen Vergrößerungen längst kein reiner Spieleladen mehr, sondern beherbergt auch andere Spielwaren, sowie inzwischen auch Comics. Das besondere an der Spieleburg ist dabei der enge Kontakt und die hervorragende Beratung der Kunden. Ich habe schnell gemerkt, dass die Mitarbeiter ein außergewöhnliches Wissen über ein sehr breites Sortiment haben und dabei zu den meisten Spielen sogar Regelfragen erläutern können. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein Kinderspiel oder das neueste Szenespiel der Vielspielerszene handelt. Ein Wissen, dass mir für eine dem Laden angemessene Beratung fehlte und das ich mir auch in der kurzen Zeit hier nicht aneignen konnte. Außer diesen Beratungsgesprächen, die manchmal eher in Fachgespräche übergingen, konnte ich aber an dem Großteil der anfallenden Aufgaben aktiv teilhaben. So war das Erste, was ich in der Spieleburg erlernen durfte der Umgang mit der Kasse und ich wurde auch direkt auf die ersten Kunden zu kassieren losgelassen, was sicherlich nicht in jedem Einzelhandelsgeschäft üblich ist. Ansonsten durfte ich die üblichen anfallenden Aufgaben übernehmen. Dazu gehört die Überprüfung von Lieferungen, das Auszeichnen der Ware mit Preisen, Regale einräumen, Geschenke verpacken, Lagerbestände prüfen,… Alles was eben anfällt.

Eine besonders schönes Angebot der Spieleburg finde ich die Geburtstagskisten. Dabei gehen die Kinder einige Zeit vor ihrer Geburtstagsfeier mit den Eltern in den Laden und dürfen sich eine Kiste zusammenstellen, mit Dingen, die sie gerne zum Geburtstag geschenkt bekommen würden. Diese Kiste wird dann mit Namen und Datum der Feier versehen und in das Geburtstagregal gestellt. In der Zeit bis zu der Party können nun die Angehörigen des Kindes im Laden vorbeikommen und Dinge aus dieser Geburtstagskiste kaufen. So ist sichergestellt, dass die Kinder nur Dinge bekommen, die sie auch gut finden und dass die Geschenke nicht doppelt gekauft werden.

Aus Autorensicht fand ich es jedoch spannender, mit welchen Vorstellungen Kunden in den Laden kamen, und welche Spiele sich besonders häufig verkaufen. Da die Spieleburg durch ein sehr breites Sortiment besticht, ist mir dabei schnell aufgefallen, dass die Stückzahlen einzelner Spieletitel, die in meiner Zeit hier verkauft wurden, meist doch relativ gering ist. Während kleine niedrigpreisige Mitbringspiele noch recht häufig über die Ladentheke gingen, auch wenn die Kunden die entsprechenden Spiele vorher nicht kannten, sah es bei den Vielspielerspielen eher so aus, dass die entsprechenden Kunden mit einer klaren Vorstellung in den Laden kamen und gezielt nach einem Spiel nachgefragt haben. Allerdings gab es auch einige (vornehmlich Stammkunden), die sich auch bei den anspruchsvollsten Titeln auf die Expertise der Mitarbeiter verlassen haben. Da meine Praktikumswoche zeitlich in einen großen Trend gefallen ist, wurde das Bild im Laden ebenso wie auf den Schulhöfen außerdem ganz stark von Fidget Spinnern geprägt.

Ein großes Thema der Spieleläden ist natürlich, wie in anderen Branchen auch, die Konkurrenz durch den Internethandel. Wer allerdings das Glück hat einen Laden, wie die Spieleburg in seiner Nähe zu haben, wird bei einem Besuch schnell zu der Überzeugung kommen, dass es bei der Entscheidung zwischen Internethandel oder Fachgeschäft um mehr geht, als nur den reinen Preiskampf. Das Erlebnis, die Beratung und das Treffen von Leuten mit den gleichen Interessen, machen den Besuch in der Spieleburg zu etwas besonderem. Dazu tragen auch die zahlreichen Abendveranstaltungen des Ladens bei. So gibt es viele thematisch unterschiedliche Spieleabende, die meist für jedermann offen sind. Seien es Abende für Tabletop-Spiele, für Sammelkartenspiele oder auch offene Spieleabende, an denen auch gerne Familienspiele ausgepackt werden. Dabei war es schön zu sehen, wie der Laden für die Leute eben viel mehr als nur ein Geschäft ist.

Abschließend kann ich sagen, dass die Woche in Göttingen mein Stipendium sehr schön abgerundet hat und der Blick auf die Spielebranche von Händlerseite eine wichtige Erfahrung für meine weitere Autorenarbeit sein wird. Nun geht es auch schon wieder zum nächsten Göttinger Spieleautorentreffen und ich freue mich darauf, an der Auswahl meines Nachfolgers beteiligt sein zu dürfen.