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Kritikenrundschau: Zen Garden – des Kaisers neuer Garten

Gärtnern soll entspannend wirken. Sagt man zumindest. Dies gilt aber wahrscheinlich nur für den eigenen Garten – wenn der Kaiser einen verlangt wie in „Zen Garden“ (Mike Georgiou bei Queen Games), dann kann es schon einmal etwas anstrengender werden. Unsere Jurymitglieder haben sich in ihren jeweiligen Medien den Anforderungen des Kaisers gestellt. Ob es bei ihnen zur inneren Ruhe beigetragen hat oder doch eher in Arbeit ausartete? Die Kritikenrundschau gibt eine (entspannte) Antwort.

„‚Zen Garden‘ ist einfach und kompliziert zugleich“, fasst Udo Bartsch das Spiel zusammen. „Einfach, weil wir immer nur die Wahl aus maximal zwölf Plättchen haben. Manche gibt es geschenkt, andere kosten bis zu zwei Münzen. Wir bezahlen, nehmen und fügen angrenzend ein“, schreibt Bartsch in der Spielbox. Jeder auf seinem Tableau und jeder nach persönlichem Geschmack. Aber natürlich nicht nach dem eigenen Geschmack. Nur der persönliche des Kaisers zählt am Schluss Punkte. Der Kaiser könnte nun sagen, er freue sich einfach über eine ordentliche Ladung Kieselsteine mit vielen Buddhas darauf, und man wüsste, was zu tun ist. Doch die Auslosung zu Beginn der Partie definiert garantiert etwas anderes. Vielleicht dies: Bänke sind gut, Kirschblüten noch besser, man soll die Mehrheit der Pagoden besitzen, von den Steinwegen entweder keinen oder ganz viele und man soll möglichst schnell je vier Tonböden und Kraniche sowie Wasser und Bohlenwege auslegen. Und, ach ja, generell schätzt es der Kaiser, wenn mindestens sechs oder am besten noch mehr gleiche Elemente vorhanden sind, wenn zudem je vier aneinandergrenzende Wege identisch und alle farbgleichen Teile zueinander benachbart sind und, wenn wir uns eh schon verrenken, der Park bitte so wenig verschiedene Landschaften wie möglich enthält.“

Zen Garden

„Angesichts der multiplen Herausforderungen spielt sich ‚Zen Garden‘ überraschend leichtgängig und angenehm“, meint Udo Bartsch. „Eins von zwölf Plättchen wählen zu müssen ist wohl ein paar Überlegungen wert. Doch Grund zum dauerhaften Grübeln besteht nicht.“ Man wisse „nie so genau, worauf die Konkurrenz ihr Auge geworfen hat. Dazu sind die Möglichkeiten zu Punkten zu umfangreich. Gerade die Ungewissheit, was weggeschnappt wird und was liegenbleibt, macht das Gärtnern spannend.“
Generell gefällt Bartsch das Spiel: „Eine halbe Stunde lang haben wir entspannt gepuzzelt und dabei viele Tätigkeiten ausgeführt, die Spaß machen: Wir haben Ordnung geschaffen, Elemente zusammengefügt, konstruktiv etwas aufgebaut. Auch ohne kaiserliche Krönung sind wir schon während der Partie belohnt worden. Mindestens mental“, schreibt er. „So folgen wir langfristigen und kurzfristigeren Zielen parallel, was ‚Zen Garden’ einen guten Spannungsbogen verleiht.“ Dabei sei „im großen, bunten, Punkte-Kaisersalat“ für jeden etwas dabei. Obwohl man in „Zen Garden“ nichts „Besonderes, Innovatives, Spektakuläres“ fände. „Die Abläufe sind still und gleichbleibend, die Interaktion gering, die Illustrationen unaufdringlich. Aber wer will schon einen Park mit Knallfröschen und Konfettiregen? Im Garten suchen wir Ruhe, Zerstreuung und Harmonie. Und im ‚Zen Garden‘ finden wir das.“ Sieben von 10 Punkten ist das Bartsch wert. ¹

Bernhard Löhlein gärtnert auch gerne für den Kaiser: „Irgendwo muss da ein Nest sein – in diesem Jahr gibt es eine Reihe von Spielen mit japanischen Gärten als Thema“, fällt ihm auf. Sein Favorit unter diesen Gartenlegespielen sei „Zen Garden“. Obwohl es im Grunde nichts unbekanntes zu entdecken gäbe: „Eigentlich ist dieser Mechanismus altbekannt: Da liegen Teile in der Mitte, die schnappe ich anderen weg und lege sie bei mir an“, sagt er. „Die Abwechslung macht den Unterschied, ich kann jedes Mal neu eine andere Strategie ausprobieren. Zudem ist es sehr übersichtlich, ich kann also auch darauf achten, was den anderen nützt.“ Sein abschließendes Urteil: „Das mag ich.“ ²

„Es ist eigentlich etwas, was wir aus ganz vielen Spielen kennen“, fällt auch Julia Zerlik an „Zen Garden“ auf. Dennoch verliefen die Partien oft sehr unterschiedlich. Denn: Man könne nicht alle Vorgaben des Kaisers erfüllen: „So hat man von Partie zu Partie einen kleinen Lerneffekt. Man muss lernen, sich zu fokussieren, damit man nicht von allem nur ganz wenig hat. Dann wird man nicht gewinnen. Und das finde ich hier den Clou.“ Noch dazu sei die Einstiegshürde durch die Möglichkeit unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade niedrig. Und außerdem: „Es hat einen hohen Aufforderungscharakter im Sinne von: Ich will nochmal und nochmal“, sagt sie. „Deswegen hat das Spiel gewisse Sogwirkung. Auch wenn es eigentlich nichts neues ist und eigentlich etwas ist, wo man denkt: Kenne ich. Aber durch diese Wertung, durch diese Variabilität ist es doch wieder außergewöhnlich.“
Nach ein paar Partien allerdings, meint Zerlik, sei „ein bisschen die Luft raus“, weil man irgendwann wisse, welche Taktiken funktionieren und auch nichts neues mehr ausprobiere. Die ersten Partien hätten ihr besser gefallen, „dann flachte es so ein bisschen ab.“ Der hohe Aufforderungscharakter gehe ein wenig verloren, ein schönes Spiel sei es dennoch. „Als schnelles, familientaugliches Spiel finde ich das schön, toll umgesetzt, auch vom Material“, urteilt sie.³

¹ Spielbox Heft 7/2020: Punktekaisersalat
² Radio IN, Spiel der Woche vom 14.11.2020
³ Spiel doch mal…: Zen Garden