Alle an Bord, alle Luken dicht, die Tauchfahrt geht los. In „Endeavor: Die Tiefsee“ (Carl de Visser und Jarratt Gray bei Frosted Games / Board Game Circus) geht es auf Tauchfahrt in Richtung Meeresboden. Unsere Jurymitglieder haben von dort unten in ihren jeweiligen Medien viele Siegpunkte mit nach oben gebracht – und vielleicht sogar einen Spieleschatz geborgen.
„Die tiefblaue pelagische Überraschungswelt entfaltet sich als modularer Plan, den wir allmählich entdecken“, erklärt Maren Hoffmann das Spiel. „Zu Beginn haben wir nur je ein U-Boot und ein vielseitiges Teammitglied, später kommen Spezialisten dazu. Die werden nur tätig, wenn man sie mit einer Scheibe versehen kann; für manche Aktionen, wie etwa den Erwerb von Publikationskarten oder die Sonartechnik, braucht man sogar zwei davon – und ein eigenes U-Boot muss auf einem passenden Ort sein.
Die zehn Szenarien erzählen eine durchgängige Geschichte und steigern die Komplexität des möglichen Tuns sanft immer weiter. Auf dem jeweiligen Szenariobogen können wir uns Belohnungen holen und nachlesen, wofür es jeweils am Ende Punkte gibt.“
„Endeavor: Die Tiefsee“ sei zu viert „ebenso großartig wie solo oder zu zweit“, findet Hoffmann, „und wer alle Szenarien kompetitiv durchgesuchtet hat, kann es kooperativ versuchen (oder umgekehrt). Lohnt sich alles.“ Auch der Wiederspielreiz bereits bekannter Szenarien sei groß. Das Thema findet Hoffmann ebenfalls gut umgesetzt: „Wir tauchen und entdecken neue Zonen. Wir wissen vorher nicht, wo was ist. Und was da überhaupt ist. Herrlich“, schreibt sie und lobt dabei auch die Optionsvielfalt des Spieles. Die sei „gewaltig – aber nicht beliebig“. Es sei möglich, Strategien und Taktiken zu entwickeln. Das Spiel entfalte dabei große Tiefe – sei aber nicht „komplizierter als nötig. Wohin wir fahren und was wir dort tun, entscheidet, wo unsere künftigen Stärken liegen. Die Arbeit haben sich Autoren und Redaktion gemacht, die Spieler dürfen genießen.“ Auch mit dem Material ist Hoffmann hochzufrieden und urteilt am Ende: „Ein großer Wurf.“¹
Für Udo Bartsch ist „Endeavor: Die Tiefsee“ ein Spiel ohne große Zufallsfaktoren: „Obwohl das Spiel konstruktiv angelegt ist und jede:r sich eine Engine aufbaut, die irgendwie ins Laufen kommt, gibt es eben doch bedeutsame Unterschiede, wie gut und wie schnell das funktioniert.“ Mehr als einmal hätte es einen uneinholbaren Punktevorsprung gegeben. Das Spiel begänne „nur scheinbar unspektakulär“. Jede Entscheidung sei wichtig. „Es gilt, die passende Crew auszuwählen, das Meer und seine Möglichkeiten im Blick zu behalten, schneller zu sein und anderen Spieler:innen Dinge wegzuschnappen und Aktionen so zu optimieren, dass es auf den Skalen effektiv vorangeht.“ Redaktionell sei alles „sehr gut gemacht. Es entstehen keine Fragen, die Anleitung und die Symbolsprache sind klar, alles sieht ansprechend aus und ist trotzdem funktionell“, schreibt Bartsch und sieht trotz großer Spieltiefe relativ wenig Regeln. „Es ist komplex, ohne kompliziert zu sein. Dadurch fühlt es sich sehr elegant an“, schreibt er. „Endeavor: Die Tiefsee“ sei „ein rundum gelungenes Spiel“, böte am Ende aber zu wenig Spannung oder Reibung. „Das Spiel fließt, alles ist schön und stimmig und klar. Aber eben auch gut berechenbar und erwartbar. Bei mir weckt das nicht die ganz besondere Emotion, auf deren Wiedererleben ich ständig hinfiebere“, urteilt Bartsch.²
Für Tobias Franke habe „Endeavor: Die Tiefsee“ „relativ hohe Zufallsanteile, was auch gar nicht so schlecht ist“, sagt er. „Es kommt darauf an, was das Spiel mir anbietet. Es ist nicht so, dass das ich sagen kann: heute mache ich es so und so, sondern ich muss mich auf das einlassen, was das Spiel mir bringt.“ Dabei spiele auch das jeweilige Szenario eine Rolle. „Jedes Szenario gibt einen anderen Twist rein“, sagt er. Damit sei das Spiel „unheimlich variabel“, Spieler:innen müssten sich dem anpassen. „Das Zufallselement lockert auf, aber es ist nicht so, dass dadurch eine Unwucht im Spiel ist. Da geht es nur darum, dass das Spiel nicht komplett durchplanbar ist“, sagt Franke. Faszinierend findet er, dass das Spiel kooperativ oder kompetitiv funktioniert. „Wenn ich mit einem anderen Mindset reingehe, spiele ich gefühlt ein anderes Spiel. Mit dem gleichen Material, mit den gleichen Regeln. Das ist genial“, sagt er. Zwar ginge durch „das viele Material manchmal ein bisschen die Übersicht verloren“, Sonderregeln – die es für unterschiedliche Tableaus gibt – könnten auch mal vergessen werden. Aber: „Ich weiß nicht, wie man es hätte besser machen können“, sagt Franke. Insgesamt ist er positiv überrascht, gerade auch vom Thema, das er als nicht nur „draufgeflanscht“ empfindet. Auch das Material lobt Franke: „Das macht Spaß in die Hand zu nehmen“, sagt er und freut sich über ein „vernünftiges Aufbewahrungssystem ohne Plastik“.³