Empfehlungsliste Spiel des Jahres: Foxy

Drei plus eins sind vier. Vier plus eins sind fünf. Die allermeisten können das ausrechnen. Schließlich gab uns die Evolution einen Abakus an die Hand, genannt Finger. Verwirrend wird es, sobald Variablen ins Spiel kommen. Die Berechnung von x plus y führt ins Leere, weil: Wie viele Finger sind x? Nicht mal X-Beine helfen da. Und die Lehrerlösungsheftlobby lacht sich ins Fäustchen und verdient sich eine goldene Nase.

Konnte man sich bislang prima mit dem Gedanken trösten, diesen Unfug sowieso nicht fürs weitere Leben zu benötigen, zerstört nun „Foxy“ (von David Spada, erschienen bei Game Factory) diesen Glauben. Das X und das Y im Spieltitel hätten uns eine Warnung sein sollen: „Foxy“ rechnet gnadenlos ab. Aktenzeichen XY – auf der Jagd nach uns.

Sagen wir: sechs. Oder sieben?

Dabei fängt „Foxy“ völlig harmlos an. Und es sieht harmlos aus. Mehr noch: Zuckersüß sieht es aus! Jede der großformatigen Karten ist ein kleines Gedicht. Sie zeigen jeweils eine von vier Landschaften: den Bauernhof, den Wald, die Savanne und den Ozean. Überall tummeln sich niedliche Tiere. Auf dem Bauernhof Huhn und Schwein. Und Katze. Im Wald Hase und Bär. Und Katze. In der Savanne Zebra und Giraffe. Und Katze. Im Ozean Delfin und Oktopus. Und unweigerlich Katze. Das durchtriebene Biest trägt dann eben einen Taucherhelm.

Nicht jede Karte zeigt mehrere Tiere. Manchmal lugt im Wald lediglich ein Häslein lustig hinterm Baum hervor, manchmal stapft im Hintergrund ein einziger Bär durchs Gebüsch. Im Höchstfall sind sie zu dritt: Hase, Bär … und Katze. Zufällige 20 der 49 Spielkarten werden gemischt und dann Karte für Karte aufgedeckt und gestapelt. Die Frage an uns nach jeder Karte: Wie viele Tiere dieser Sorte – inklusive der neuen – waren bislang zu sehen? Unsere Lösungen schreiben wir geheim auf.

Geht es mit Bär, Hase und Katze los, notiere ich eine Drei. Jetzt kommt Ozean mit einem Delfin. Eins. Dann ein Hase allein im Wald. Zwei. (Denn einer war da ja schon.) Savanne mit Giraffe und Katze. Wieder die Drei. Je mehr Karten im Spiel sind, desto unsicherer wird man. Beim dritten oder vierten Wald weiß ich schon nicht mehr genau, ob jedes Mal ein Hase zu sehen war. Und wie viele Katzen es gab. Ich fange an, Variablen in meine Gleichungen einzufügen: x Hasen plus y Katzen ergibt in Summe … ähm, sagen wir: sechs. Ober sieben?

Genau dosiertes Chaoselement

Meine notierten Zahlenwerte sind am Ende meine Punkte. Sieben Finger sind einer mehr als sechs, also eigentlich besser. Aber nur, wenn sich meine Lösung bei der Auswertung als korrekt oder zumindest nicht als übertrieben erweist. Pokere ich zu hoch, war’s eine Rechnung mit x – ich kriege nix. „Foxy“ ist neben der Merkaufgabe also auch Zock. Ein gutes Bauchgefühl kann Wissenslücken ausgleichen. Wobei Wissen langfristig natürlich besser ist. Wer gewinnen will, muss voll konzentriert sein und „Foxy“ von der ersten Karte an ernst nehmen.

Auch wenn die finale Auswertungsphase lange dauert, weil sämtliche Tiere Karte für Karte ausgezählt werden müssen: Spannend ist es trotzdem. Jammern hier, Jauchzen dort. Genauso soll eine Dramaturgie sein: Die ersten Karten kann sich noch fast jeder merken; wir starten mit Erfolgserlebnissen. Und während bei zunehmender Tierzahl auch die Unsicherheit steigt, gehen die immer fetteren Punkte über den Tisch. Auf den letzten Metern kann man viel aufholen – oder viel verlieren.

Tauchten die Tiere ohne System auf, wäre „Foxy“ weniger Spiel als Test für Inselbegabungen. Der Trumpf ist die Gruppierung der Tiere nach Lebensraum. Die Landschaften sind die nötige Merkhilfe, um eine gedankliche Struktur zu schaffen und ein Gefühl für die Mengen zu behalten. Die Katze wiederum ist das genau richtig dosierte Chaoselement, um das Muster zu durchbrechen.

Das charmante „Foxy“ passt genau, wenn es darum geht, für eine altersgemischte Gruppe ein Spiel zu finden, das nur eine Viertelstunde dauert und trotzdem alle herausfordert. Es könnte perfekt sein, um es für eine schnelle Partie überall mit hinzunehmen – hätte man in der Schachtel neben x Material nicht noch y Luft verpackt, wobei gilt: y größer x.

Udo Bartsch

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