Empfehlungsliste Kinderspiel des Jahres: Käpt’n Kuck

Ahoi, Schatzsucher:innen – wir stechen in See! Blöd nur, dass die wegweisende Schatzkarte entweder vom Feuer verbrannt, vom Wasser weggeschwemmt oder von einer plötzlichen Windböe weggeweht wurde. Bleibt nur das kollektive Gedächtnis der Kinder – sie haben die Schatzinsel ja gesehen, wenn auch nur kurz. Ein Blick ins Fernrohr, eine Beschreibung des Gesehenen für die Mitspieler:innen. „Ich sehe hier Möwen! Die sind doch über der Insel geflogen, oder?“ Ein Schritt näher zum wertvollen Gold. Wenn da nicht auch noch Piraten plötzlich im Fernglas auftauchen würden. Ein Würfelduell entsteht. Wissen die Kinder danach noch, wie die Insel aussah, oder haben die Piraten sie zu sehr abgelenkt?

An der Oberfläche ist Käpt’n Kuck (von Gerard Ribas bei Pegasus) ein Merkspiel – und noch dazu ein recht simples. Die Kinder sollen sich, je nach Schwierigkeitsgrad, an drei bis fünf Merkmale der Schatzinsel erinnern. Das klingt im ersten Moment weder aufregend noch besonders herausfordernd.
Doch was Käpt’n Kuck herausstechen lässt, ist, wie liebevoll und atmosphärisch diese Aufgabe verpackt wurde. Zwar ist die Kernaufgabe, sich an etwas zu erinnern, jedoch wird daraus mit geschickten Kniffen ein immersives Abenteuer:

Die Abenteurisierung, 1. Schritt: die Geschichtenkarten. Die Anleitung könnte einfach vorgeben, dass die Gruppe die Schatzkarte nur zehn Sekunden lang anschauen darf. Hier erwartet die Kinder in jeder Partie eine der 20 verschiedenen Geschichten, die diese Regel in diverse spannende und teils skurrile Kontexte setzen – und die Kinder sofort mitten ins Abenteuer ziehen.

Die Abenteurisierung, 2. Schritt: das Fernrohr. Die Memo-Plättchen könnten schnöde am Tisch liegen – viel cooler ist es aber, wenn ein Kind nach dem anderen durch das Rohr blickt und beginnt, den Mitspieler*innen zu erklären, was es sieht. So entsteht in Windeseile die Illusion, tatsächlich mit seiner Crew im Austausch zu sein. Und ganz nebenbei fügt es dem Spiel eine sprachliche Ebene hinzu.

Die Abenteurisierung, 3. Schritt: die schicke Kanone. Sie kommt im Falle eines Piratenangriffs zum Einsatz. Jetzt werfen die Kinder den Würfel nicht nur, sie schießen ihn. Ein kleines thematisches Geschicklichkeitselement, das aber gleichzeitig die schöne Funktion hat, dass es die Kinder von der Merkaufgabe ablenkt.

Ja, manche dieser Elemente sind zwar Gimmicks, aber durchaus effektive, die das Spielerlebnis der Kinder auf eine andere Ebene heben. Hier wurde über die Mechanik hinausgedacht. Käpt’n Kuck ist weniger ein klassisches kooperatives Merkspiel als ein kooperatives Merk-Abenteuer. So entstehen in den Köpfen der Kinder Geschichten und am Spieltisch macht sich Pirat:innen-Flair breit. Mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden skaliert es zudem schön für Kinder unterschiedlichen Alters und Erfahrungslevels. Ein durchaus gelungenes und thematisches Kinderspiel, mit dem die Kinder immer und immer wieder in See stechen möchten.

Johanna France

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