Neun Charaktere? Was sollen wir denn mit so wenig Personal anfangen? Das reicht ja noch nicht mal für eine Fußballmannschaft und erst recht nicht, um ein ganzes Schloss am Laufen zu halten. Aber was soll’s. Wenn man uns „Castle Combo“ nur neun Edelleute und Tagelöhner zugesteht, dann müssen wir eben das Beste daraus machen.

Neun Charaktere, neun Entscheidungen, neun Runden Zeit. „Castle Combo“ (Grégory Grard und Mathieu Roussel, Kosmos) setzt auf Minimalismus. Entsprechend sind auch die Regeln erst mal gar nicht so kompliziert. Jede Runde kaufe ich eine Karte und lege sie in mein Raster, das am Ende aus dreimal drei Personen besteht. Welche Karte ich kaufen kann, bestimmt die Figur des Herolds. Steht er in der Schloss-Reihe, habe ich in erster Linie die Auswahl aus Adeligen, Gelehrten und Gläubigen. Bei den Dorfkarten sind eher Handwerker, Militär und Bauern zu finden, alles erkennbar an farbigen Wappen. Passt mir nichts davon so richtig, kann ich mit einem Schlüssel die Karten ersetzen oder die Reihe wechseln. Irgendjemand wird mir schon in den Kram (beziehungsweise ins Raster) passen.
Herausforderung im Detail
Bis hierhin ist alles ganz simpel. Aber natürlich steckt die Herausforderung im Detail. Genauer gesagt in den Personenkarten. Denn jede davon ist einzigartig, hat spezielle Funktionen oder Punktbedingungen. So reduziert die Steinhauerin in Zukunft die Kosten weiterer Dorfkarten und bringt Punkte für Handwerker in der eigenen Spalte. Die Feldherrin liefert dagegen sofort einige Schlüssel und punktet für möglichst viele verschiedene Wappen. Dass die spannenden Karten entsprechend teuer sind, dürfte nicht überraschen. Wem das Geld ausgeht, darf eine Karte verdeckt auslegen und erhält dafür eine kleine Entschädigung. Auf diese Art eine lange ersehnte Karte verschwinden zu sehen, rächt sich allerdings spätestens bei der Wertung.

Jede Karte ein kleiner Adrenalin-Schub
Neun Entscheidungen klingen zunächst nicht nach viel. Aber tatsächlich sind diese alles andere als banal, die große Vielfalt an unterschiedlichen Charakteren macht sich schnell bemerkbar. Die ganzen Symbole wollen erst einmal verinnerlicht werden, wann welche Karte sinnvoll ist, ist selbst nach mehreren Partien nicht immer offensichtlich. Hinzu kommt, dass wir mit dem leben müssen, was uns die Auslage bietet. Aber genau das macht auch den Reiz von „Castle Combo“ aus. Denn das perfekte Vorgehen gibt es nicht. Stets hoffen wir auf eine passende Karte und beäugen die Mitspielenden skeptisch, aus Angst, dass sie uns eine Wunschkarte vor der Nase wegschnappen. Jede aufgedeckte Karte, jeder genutzte Schlüssel ist ein kleiner Adrenalinschub. Auch das Haushalten mit dem eigenen Barvermögen ist alles andere als trivial, schließlich muss man sich eine lang ersehnte Karte am Ende auch leisten können. Dass das eigene Spiel dabei auch mal komplett schiefgehen kann, liegt in der Natur der Sache. Aufgrund der kurzen Spielzeit wirkt der Glücksanteil jedoch nicht störend. Vielmehr folgt direkt eine weitere Partie. Und dieses Mal sammle ich bestimmt die richtigen neun Leute für mein Schloss.
Tim Koch
