Suche
Suche Menü

Praktikumsberichte von Karin Hetling

Praktikumsberichte von Karin Hetling

Der Praxis-Teil des Stipendiums besteht 2010 aus wahlweise vier oder fünf Etappen. Feste Bestandteile als Praktikumsstationen sind die Spieleverlage Ravensburger (Ravensburg) und Haba (Bad Rodach), das SpieleErfinderStudio von Jens-Peter Schliemann in Köln sowie das Göttinger Spielwarenfachgeschäft Spieleburg. Als zusätzlicher Praktikumsort kann auf Wunsch der Stipendiatin die Teilnahme an der 6. Deutschen Spieleautorentagung im hessischen Weilburg hinzukommen.

Verlag Haba, Bad Rodach

Gespannt und neugierig betrat ich am Montagmorgen das Gebäude der Firma Haba in Bad Rodach. Der kleine Ort in der Nähe von Coburg hat nur 5000 Einwohner. Daher überrascht die Firmengröße von Haba mit über 1900 Mitarbeitern. HABA begann 1938 als „Fabrik für feine Holzspielwaren“, und heute gehören zum immer noch familiengeführten Unternehmen auch die Firmen Jakoo und Wehrfritz.
Empfangen wurde ich vom Spieleredakteur Markus Nikisch, der mich sogleich mit in die Spieleredaktion nahm. Dort war ich in meiner Praktikumswoche hauptsächlich, aber zwischendurch hatte Markus immer wieder Termine in anderen Abteilungen (Grafik, Export, Spielzeugdesign) organisiert. So habe ich sehr viel Interessantes rund ums Spiel erfahren!

In der Spieleredaktion arbeiten sechs Redakteure aus verschiedenen Berufsgruppen (Pädagogen, Grafiker und Designer), die sich in der redaktionellen Arbeit sehr gut ergänzen. Die Spieleredaktion befindet sich in einem Teil eines Großraumbüros, angrenzend finden sich die Abteilungen, mit denen eine enge Zusammenarbeit erfolgt.

 

Werksführung

An meinem ersten Tag erhielt ich auch eine Einzelführung durch das Werk. Neben den verschiedenen Abteilungen und Fertigungsbereichen war für mich der Weg vom Baumstamm zur Spielfigur besonders spannend. Grundsätzlich wird zwischen Fräsfiguren und Drehfiguren unterschieden. Zweidimensionale Fräsfiguren entstehen aus einer Profilholzleiste und sind natürlich kostengünstiger als die dreidimensionalen Drehfiguren, wo der zeitliche und maschinelle Aufwand höher ist.
Anschließend erfolgt die Farblackierung.

Diese Oberfläche kann mittels verschiedener Druckverfahren (Stempeldruck, Siebdruck, Thermodruck, Prägedruck, Digitaldruck) weiter gestaltet werden. Von einer zusätzlich aufgedruckten Farbe bis hin zum aufgedruckten Bild ist alles möglich.
Die von Haba selbst angefertigten Spiele erhalten neuerdings auf der Schachtel den Vermerk „Made in Germany“.

Spieletests

Ein zentraler Punkt in dieser Woche waren für mich natürlich die Spieletests in der Spieleredaktion. Das war sehr spannend und zugleich informativ!
Zum Teil habe ich es dann auch übernommen, die Spielregel vorab zu lesen und das Spiel vorzubereiten. Das zeigt mir mal wieder, wie wichtig es ist, eine gut verständliche Regel zu schreiben, die keine Fragen offen lässt.

In den verschiedenen Tests haben wir dann auch gleich Varianten eingebaut oder die Spieleranzahl variiert. Anschließend landete ein Spiel in der Vorauswahl in einer der Kategorien Karten-, Mini-, Mitbring-, Groß- oder Lernspiel – oder eben auch nicht.
Haba erhält im Jahr etwa 600 bis 700 Prototypen, und so es ist wichtig, dass auf der Schachtel der Name des Autors steht und möglichst das ganze Spielmaterial auch in einer Schachtel untergebracht ist. Zusätzlich wird aber auch ein Eingangsordner von Spielideen geführt, der nach zeitlichem Eingang abgearbeitet wird.
Auch für meine Spiele ergab sich eine Gelegenheit zum Testen. Zu einem Spiel machten wir uns Gedanken zu verschiedenen Möglichkeiten der Zeitmessung und ich konnte in der büroeigenen, super ausgestatteten Werkstatt gleich etwas herstellen.

Zu einem weiteren sehr materialintensiven Spiel stellten wir eine Kalkulation auf, und mein Spiel lag etwa 50% über den Herstellungskosten, die es kosten dürfte. Bislang hatte ich keine Vorstellung, was denn nun eine Holzfigur eigentlich kostet, was Pappe kostet und natürlich welche Kosten (Verpackung, Illustrator, Werkzeugkosten…) noch berücksichtigt werden müssen. Für mein Spiel heißt es jetzt umplanen…und für zukünftige Spiele habe ich eine bessere Vorstellung, was machbar ist.
Im Vorfeld hatte ich mir auch viele Gedanken über die Themen- und Titelfindung gemacht; dazu erfuhr ich, dass etwa 70% der eingesandten Spielideen in der redaktionellen Bearbeitung ein neues Thema und einen neuen Titel erhalten. Also sollte man sich nicht davon abhalten lassen einen Spielvorschlag einzusenden, obwohl man mit dem Titel noch nicht zufrieden ist. Im Anschreiben können dann in der Fußzeile z.B. mehrere Titelvorschläge genannt werden.

Verpackungsdesign

Auch bei Besprechungen mit der Grafikabteilung konnte ich dabei sein bzw. erhielt ich eine Extra-Einführung in die Materie. Es kostet viele Gedanken und Arbeit, die zu einer stimmigen Verpackung in Schrift, Farbe und Illustration führen. So kennt wohl jeder die typisch gelbe Schachtel für Haba. Die Lernspiele haben zusätzlich eine blaue Welle auf der Verpackung.
In dieser Abteilung werden aber nicht nur Verpackungen für die Brettspiele, sondern auch für sämtliche andere Produkte von Haba entworfen.
Zu Spielen gibt es auch manchmal thematisch passende Verpackungen, z.B. einen Eierkarton für das Spiel „Eiertanz“ oder innovative Verpackungen wie Flasche, Dosen oder Schatzkisten. Vorschläge von Autoren zu einer thematisch passenden Verpackung für das eigene Spiel sind willkommen.

Export

Spannend war auch der Einblick in den Exportbereich der Marketingabteilung. Da die Brettspiele (natürlich nicht nur die) in viele Länder der Welt exportiert werden, beinhaltet das Spielmaterial normalerweise keine Schrift. Die Spielregel wird sowieso gleich in Englisch, Französisch und Niederländisch übersetzt. Einmal ist sogar ein Titel erhalten geblieben. „Socken zocken“ heißt in Amerika genauso! Die Verpackung wird dann speziell für jedes Land angefertigt.

Produktdesign

Im Laufe der Woche ergab sich für mich auch die Gelegenheit einen Blick über die Schultern der Spielzeugdesigner zu werfen und ich konnte sehen, wie Produkte geplant, entstehen und geprüft werden.
Einen hohen Stellenwert hat die Qualitätsprüfung, der sich 500 Produkte jährlich unterziehen müssen. Dazu gibt es beispielsweise Schablonen, durch die bestimmte Spielzeugteile nicht hindurch passen dürfen, um die Verschluckungsgefahr zu vermeiden. Spielzeug und Brettspiele für Kleinkinder müssen einer Menge von Tests standhalten und werden dahingehend immer wieder überprüft und angepasst.

Archiv

Zum Abschluss der Woche erhielt ich noch die Möglichkeit ausführlich in das Archiv aller produzierten Brettspiele von Haba zu sehen. Markus Nikisch erzählte viele spannende Anekdoten zu der Entstehungsgeschichte von den Spielen. Auch die Prototypen zu den Spielen werden hier aufbewahrt, die Lösungen in der Umsetzung vom Prototyp zum Spiel haben mich besonders begeistert. Das Spiel „Kayanak“ bestand als Prototyp z.B. aus mehreren ineinander gesetzten Schachteln und hat heute einen Einlegeboden.
Das Spiel „Kleine Spurensucher“ bestand ursprünglich nur aus einfarbigen Quadraten und hat jetzt das sehr passende Thema der Tierspuren.

Im Spiel „Polizeialarm“ galt es, eine Magnetverbindung zu finden, die auch der heutigen Magnetverordnung entspricht, und für das Spiel „Trötofant“ fand sich schließlich ein Aufzuggetriebe, das auch ohne Batterie funktioniert. Denn Spiele mit Verbrauchsmaterialien haben es im Handel schwerer! Aber auch bei hygienischen Bedenken, z.B. beim Einsatz von Mundstücken, zögern schon die Händler.
So wurde noch der ein oder andere Schachteldeckel gehoben und Interessantes entdeckt und gehört, und die Zeit verflog mal wieder im Flug.

Abschließend bleibt mir nur zu sagen, dass ich eine wunderbare Woche hatte mit vielen Informationen, Blicken hinter die Kulissen und natürlich mit vielen Spielen… Denn in der Mittagspause oder am Abend wurde fleißig weiter gespielt.
Vielen vielen Dank noch mal an alle, die mir diese Woche ermöglicht haben und insbesondere natürlich an das gesamte Team der Spieleredaktion von Haba!

Verlag Ravensburger

Nach einer weiten Fahrt durch Deutschland begann bei Ravensburger nun der zweite Teil meines Stipendiums.
Zur Firmengeschichte sollte ich später erfahren, dass Ravensburger noch eine Familien-AG ist, bei der alle Aktien im Besitz der Familie Maier sind. Seit 1974 existiert das blaue Dreieck als Logo für Ravensburger und zählt zu den renommiertesten Markenzeichen in Deutschland.

Alexandra Cordes holte mich beim Empfang ab und nach einer Vorstellungsrunde erhielt ich von ihr bereits die ersten Termine für die Woche, zu denen noch etliche hinzu kommen sollten, so dass ich tolle und interessante Einblicke in Spieletests, in die verschiedenen Abteilungen der Spielredaktion (Familien-, Kinder-, Lern-, Mitbring- und Lizenzspiele), in das Produktmanagement, in die Technische Produktentwicklung, in die Internationale Redaktion, in die Pressearbeit, in das verlagseigene Archiv, in den „tiptoi“-Bereich und in den Betrieb selbst mit seinen Fertigungs- und Produktionshallen erhielt.

Kinderspiele, 3D-Aktionsspiele

Am Montag konnte ich sofort in den Test eines Prototyps für den Kinderspielbereich einsteigen.
Dies war natürlich nicht der einzige Test in dieser Woche und es ergab sich für mich des Öfteren die Gelegenheit, sowohl bei Tests für die Familienredaktion als auch für die Kinderspielredaktion dabei zu sein. Manchmal ging es darum, ob ein Spiel überhaupt geeignet ist (Verständlichkeit, Spaß, Spannungsbogen, Neuwert) und manchmal musste noch an Feinheiten getüftelt werden, die ein schon geplantes Spiel ausgewogener machen. Für mich natürlich immer ein spannendes Geschehen! Zusätzlich werden auch regelmäßig Tests außerhalb durchgeführt, z.B. in Kindergärten.
Wenn ein Spiel die erste Runde bestanden hat, wird recht früh die Technische Produktentwicklung eingeschaltet, um die generelle Machbarkeit (Umsetzung, Kalkulation) zu prüfen. Wenn ein Spiel dann umgesetzt wird, füllt es im Laufe seiner redaktionellen Bearbeitung mindestens einen dicken Ordner. Das hätte ich so nicht vermutet, zeigt aber, wie arbeitsintensiv der ganze Entstehungsprozess weiterhin ist, nachdem das Spiel vom Autor sozusagen „abgegeben“ wurde.
Zu den 3D-Aktionsspielen erfuhr ich, dass sie immer ein Tierthema besitzen und dass bisher so mancher Vorschlag eines 3D-Produkts über Agenturen eingereicht wurde.
Im Gespräch mit Monika Gohl erfuhr ich vieles über die Mitbring- und Kartenspiele. So finden sich dort alte Klassiker wie „memory“ und „Schwarzer Peter“ sowie „Line Extensions“ (Produkterweiterungen) zu anderen Produkten. So hat Monika Gohl auch immer wieder die Aufgabe, ein großes Spiel in ein Mitbringspiel umzusetzen. Und das ist nicht einfach, z.B. muss dann im Spiel zu „Wo war’s?“ vollständig auf das elektronische Element verzichtet werden und trotzdem die Geschichte erhalten bleiben. Ich finde aber, gerade hier ist es sehr gut gelungen!

Familienspiele, Redaktion international

In der Familienspielredaktion hatte ich neben dem Spieletesten noch andere Aufgaben. Zusammen mit der Praktikantin Sarah stellte ich drei weitere Prototypen eines Spieles her, und von André Maack bekamen wir noch die Aufgabe, bei einem Brainstorming zu helfen: Figuren und deren Namen sowie Gegenstände waren gefragt. Von Philipp Sprick erhielt ich eine Spielregel zu einem abstrakten Spiel, die ich im Hinblick auf Verständlichkeit las. Zusammen mit der Volontärin Tina Landwehr prüfte ich die Spielregel und die Aktionskarten ebenfalls auf Verständlichkeit.
Lothar Hemme erläuterte mir weitere Details zu Prozessen in der Redaktion. Des Weiteren erfuhr ich mehr zur Übernahme von FX Schmid und zu der Marke ALEA, die von Stefan Brück aus der Ferne betreut wird. Zur Entstehung von „memory“  – bis heute sind über 58 Millionen Stück in 70 Ländern verkauft – erzählte mir Lothar, dass es auf die Idee von dem Schweizer William Hurter zurückzuführen ist. Herr Hurter bastelte das erste Memory, in dem er aus Zeitschriften Bilder ausschnitt. Zunächst wurde es nur in seiner Familie gespielt, bevor er es dann dem Verlag anbot.
Im Gespräch mit Wolfgang Blüher erfuhr ich einiges über die Aufgaben der internationalen Redaktion. Sie sorgt für den Export von Spielen in Länder, in denen es keine eigene Tochterfirma gibt.

Minis und Lizenzspiele

Die so genannten „Minis“, kleine Würfelschachteln, sind eigentlich ein Überrschungskonzept ohne Schokolade, erzählte mir Steffi Deiringer, die diese Spiele und die Lizenzausgaben zusammen mit Nicole Wasel betreut. In den schwarzen Minis finden sich kleine Spiele, etwas zum Basteln oder Zaubern. Auch hier sind Autoren gefragt, sich mit wenig Material etwas einfallen zu lassen! Zusätzlich gibt es Sondereditionen, z.B. Experimente und Sommer.
Im schnelllebigen Lizenzbereich heißt es, Trends vorauszuspüren und Lizenzen über so genannte Lizenzmessen oder Agenturen zu erwerben. Das kann auch nur für einen bestimmten Produktbereich erfolgen, z.B. Puzzle oder Spiele. Im Spielbereich werden dann beispielsweise vorhandene Spiele angepasst (Spongebob-Labyrinth) oder schon vorhandene Prototypen umgemünzt. Vorgeschrieben werden in jedem Fall so genannte Styleguides, die bei Grafiken, Text und Layout genau eingehalten werden müssen.

Produktmanagement

Im Einführungsgespräch zum Produktmanagement erfuhr ich von Frank Weiß einiges über die schon viel gehörten „Suchfelder“ und „Line Extensions“. Die über Marktforschung ermittelten Ergebnisse fließen in eine gezielte Produktsuche ein und es werden die „Suchfelder“ definiert, z.B. ein bestimmtes Thema oder eine Spielart.
Wichtig im Management sind die so genannten „4 Ps“: Produkt, Preis, Platzierung und Promotion.

TPE (Technische Produktentwicklung)

Bei einer Besprechung der Redaktion mit der TPE durfte ich auch teilnehmen. Zwei Kinderspiele und deren Machbarkeit wurden überlegt und diskutiert. Da gilt es nicht nur Produktionskosten zu berücksichtigen, sondern auch neue und elegante Lösungen zu finden und Sicherheitsbestimmungen einzuhalten. Bernd Ohlinger erklärte mir auch einige Details der Herstellung. Besonders interessant fand ich eine Spritzgussform, da ich mir bislang nicht vorstellen konnte, wie Kunststoffiguren entstehen. Zu beachten ist dabei, dass diese Figuren keine Rille oder keinen Hinterschnitt besitzen. Normalerweise müssen Gussteile so gestaltet sein, dass man sie nach dem Guss aus der Form ziehen kann. Man spricht dann von Hinterschnitt, wenn sich das Teil beim Lösen aus der der Gussform verhaken könnte. Also, das ist wie beim Gugelhupf: Wenn dieser oben breiter wäre, würde ich ihn nie aus der Form bekommen!
Des Weiteren konnte ich mir noch die verschiedenen technischen Vorstufen des Delfins aus „Nino Delfino“ ansehen.

Brettspiel und Elektronik

Im Laufe der Woche hatte ich auch Gelegenheit, mich mit dem Gebiet Brettspiel und Elektronik zu befassen. Ich lernte die drei Spiele („Wer war’s?“, „Wer war’s? – 2“ und „Wo war’s?“) kennen, und Katja Volk erläuterte mir viele Details zur Planung und Umsetzung. Auch hierzu gab es wieder dicke Ordner, in denen sich z.B. auch die Grafikvorschläge der Designabteilung für die Truhe aus „Wer war’s?“ befinden. Diese werden dann nach Fernost gesendet und dort plastisch ausgearbeitet, wie dies auch zum Teil mit Spielfiguren geschieht. Aus Fernost werden zunächst Fotos der modellierten Figuren oder Gegenstände gesendet und erst dann beginnt die Produktion.

Nur am Rande: In der letzten Testphase von „Wer war’s ? – 2“ hat die Praktikantin Sarah das Spiel noch 313 Mal durchgespielt, um es auf Fehlerfreiheit zu prüfen! Ich glaube, das zeigt gut, wie aufwendig das Prozedere für ein elektronisches Brettspiel ist.

 

tiptoi

Neu auf dem Markt ist in diesem Jahr das audiodigitale Lernsystem „tiptoi“, das in einer eigenen Abteilung für Bilderbücher und Lernspiele entwickelt wurde. Florian Mühleck stellte mir für diese Woche einige Spiele und den tiptoi zur Verfügung, und so konnte ich einiges ausprobieren und ihn anschließend noch zu Details befragen. Mich haben die Möglichkeiten des „Stiftes“ begeistert, der durch bloßes Antippen mit Hilfe eines optischen Sensors logische Strukturen prüft und vorab aufgenommene Audiodateien abspielt. Weitere Möglichkeiten des Stiftes sind Timer, Spielstandspeicher oder Zufallsgenerator. Ich bin gespannt, wie der Markt tiptoi annehmen wird!

Betriebsführung

Eines der Highlights war natürlich die Betriebsführung. Beeindruckend waren die riesigen Hallen der Fertigungsbereiche, in denen auch schon viele Roboter die Produktion übernehmen und so imposante Maschinen wie der „Satellitencyclopwickler“ zu finden sind. Gelagert wird zum einen im Hochregallager, in dem sich zeitgleich 17.000 Paletten befinden können, und zum anderen im so genannten Handlager. Von dort aus werden „kleine“ Bestellungen zusammengestellt und versandt.
Ein kleiner Tipp: Innerhalb des Verlags wird von Auszubildenden eine Juniorenfirma betrieben, bei der Schachteln, Blankomemorys und -puzzles bezogen werden können. Die Adresse findet man über die Homepage von Ravensburger.

Archiv

Im relativ neu bezogenen Archiv erfuhr ich von Herrn Schludi einiges zur Verlagsgeschichte. Bei dem ersten in sorgsamer Handarbeit produzierten Spiel „Reise um die Erde“ (nach Jules Verne) im Jahre 1884 handelte es sich um ein Würfelspiel mit Ereignisfeldern, deren Anweisungen dort in Reimen zu lesen waren. Damals kostete das Spiel drei Goldmark, was zwölf Brotlaiben entsprach, also ganz schön teuer! Zu dieser Zeit gab es auch den ersten Reisevertreter, der seinen Kunden nicht die Spielschachteln selbst, sondern Abbildungen und Texte in einem zusammengestellten Buch präsentierte. Dieses Buch ist gut erhalten und kann im Archiv bewundert werden.

Spannend fand ich weiterhin die Betrachtung alter Prototypen. Da viele Spiele nach der Bearbeitung oft ein anderes Thema oder einen anderen Titel erhalten haben, fiel die Zuordnung nicht immer leicht. Ingesamt sind inzwischen 9.000 Spiele erschienen!

Abschließend möchte ich mich noch einmal bei allen „Ravensburgern“ bedanken, die mir diese wunderbare Woche mit so vielen Informationen ermöglicht haben. Vielen, vielen Dank für die superinteressante Zeit!

Spieltraum Osnabrück

Diesen Teil meines Stipendiums, das Praktikum im Spieleladen, wollte ich gern in der Vorweihnachtszeit durchführen. Zum Glück in diesem schneereichen Dezember hatte ich die Möglichkeit direkt vor Ort: im “Spieltraum“ in Osnabrück.
Der „Spieltraum“ ist das einzige Spielefachgeschäft in Osnabrück; die Inhaber sind Malte Kiesel und Carsten Liebnau. Für den Brettspielbereich im Erdgeschoss ist Malte und für den Rollenspiel- und Tabletopbereich im 1. Stock Carsten zuständig.
Mein Praktikum machte ich im Erdgeschoss.

An meinem ersten Tag war es noch etwas ruhiger, so dass ich mich im Laden orientieren konnte – wo steht was? Es gibt den Mitbringspielbereich, Kinderspiele, Spiele nach Verlagen sortiert, Puzzle, Holzspiele, Partyspiele, Spielzubehör, die „Testecke“ mit Tisch und offenen Schachteln – um nur das Wichtigste zu nennen. In der Testecke finden regelmäßig offene Spielabende statt.
Am ersten Tag erklärte Malte mir auch die Kasse und das Auszeichnen neuer Ware.

Täglich trafen stapelweise neue Anlieferungen ein, die es auszupacken galt, zu inventarisieren, auszuzeichnen und ins Lager oder Regal einzusortieren. Die Lagerarbeit übernahm meistens Leon, ein Schüler, der sich bereits bestens im Laden auskennt.
Spielebestellungen werden je nach Menge und Versandbedingungen mal direkt bei dem Verlag, mal beim Großhändler gemacht. Schwierig war in diesem Jahr die Beschaffung der Erweiterung „Blütezeit“ zu Dominion, da der Hans im Glück-Verlag dieses Spiel exklusiv an die Metro-Gruppe vetreibt. Der „kleine“ Fachhändler erhält das Spiel nicht. Ich finde diese Handhabung nicht gut, denn was wäre die Spielbranche ohne den Fachhändler mit seiner Erfahrung und Spielkenntnis und auch der Fähigkeit, Kunden Spiele zu erklären?

Während meines Praktikums war ich immer wieder erstaunt, wie viele Spiele Malte kennt und erklären kann! Auch Friedhelm, der im Weihnachtsgeschäft half, und selbst Ladenbesitzer gewesen war, konnte Auskunft geben zu Spielen von vor zehn oder 20 Jahren!
Aber da derzeit jährlich 600 neue Spiele auf den Markt kommen, heißt es auch für den Fachhändler auswählen, was er in sein Sortiment nimmt.
In der Weihnachtszeit war der Laden natürlich immer gut mit Kundschaft gefüllt und so konnte auch ich mich in der Kundenberatung üben. Vorweg muss ich erst mal betonen, dass die Kunden im Spielegeschäft auch in der Weihnachtszeit durchweg freundlich waren und keiner ungeduldig oder genervt war, wenn es einmal an der Kasse oder beim Einpacken länger dauerte.

Im Vorfeld hatte ich mich gefragt, was die Kunden überhaupt wünschen: Wonach wird gesucht? Und wonach wählen die Kunden aus? Nun, die meisten suchten ein Familienspiel für Groß und Klein, das nicht zu lange dauert, das einfache Regeln hat und etwas Action und Spaß bietet. Da findet sich ja schon einiges. Und bemerkenswert ist, dass eben doch in vielen Familien gespielt wird! – Schwieriger wird es dann ein Spiel zu empfehlen, wenn auch schon Fünfjährige mitspielen sollen und gleichzeitig das Spiel auch zu zweit spielbar sein soll.
Am liebsten habe ich natürlich Spiele empfohlen, die ich selbst kenne und gut finde! Bei gezieltem Nachfragen, welche Spiele sonst gespielt werden, kann man schon gut ausloten, ob man gegebenenfalls auch „Die Tore der Welt“ (Sonderpreis „Spiel des Jahres plus“) empfehlen kann oder lieber ein einfacheres Spiel für Gelegenheitsspieler. Viele erkundigten sich auch nach dem Spiel des Jahres und so habe ich „Dixit“ mindestens 20 Mal erklärt.

Natürlich wurden auch gezielt Kinderspiele gesucht. Oder auch Spiele für ältere Menschen. Hier, muss ich sagen, hat die Branche noch Nachholbedarf – oder man weiß sich selbst zu helfen: Eine Kundin kaufte Riesenpöppel in 3 Farben, je 15 Stück. Jetzt heißt es scharf überlegen, zu welchem Spiel wird es eine Riesenausgabe geben? Richtig: zu Halma!
Auch den bekannten Satz „Das ist ja so wie Siedler“ hörte ich einige Male. Anfangs habe ich immer protestiert und versucht, die Unterschiede zu erklären. Aber manchmal habe ich mich gefragt, wenn noch nicht so viele Spiele bekannt sind, ist vielleicht einfach der „Spieltyp“ gemeint? Ein Spiel mit mehr Optionen und mehr Material als nur einem Würfel?
Manche Kunden suchten auch ein ganz bestimmtes Spiel, dessen Name ihnen gerade nicht einfiel. Zu „das ist so ein Kartenspiel mit Zahlen drauf“ fiel uns dann zwar jede Menge ein, aber erst mit ein paar mehr Informationen fand dann mindestens einer, meistens natürlich Malte, das Gesuchte.

Geschenke einzupacken gehörte natürlich auch dazu. Nach einiger Übung ging es recht schnell und machte mir richtig Spaß. Nur spezielle Schachteln, z.B. die achteckige Schachtel von „Blokus Trigon“, stellten dann wieder eine Herausforderung dar. Und wie gesagt, es gab nur nette Kunden, und so packten wir das Spiel gemeinsam ein.
Je näher Weihnachten rückte, desto gezielter wurden die Kundenwünsche und mit einem „Ja, nehme ich“ waren sie schon halb wieder aus dem Laden. Aber es gab auch die Unentschlossenen und Verzweifelten, die keine Vorstellung hatten, welche Art Spiel sie überhaupt suchten, trotzdem unbedingt noch ein Geschenk benötigten. Da spielten dann nicht nur Preis und Empfehlung eine Rolle, das Spiel wurde leider manchmal nebensächlich, wichtiger waren Schachtelgröße, Cover oder ein viel versprechender Titel.

Insgesamt hatte ich eine spannende und intensive Zeit, und gerade durch das Weihnachtsgeschäft habe ich ganz viele Kunden und ihre Fragen und Wünsche erlebt, wozu ich zu einer anderen Jahreszeit wahrscheinlich Wochen gebraucht hätte. Und zum Glück ist der Spielmarkt so vielseitig wie die Kundenwünsche, aber spezielle Fragen inspirieren vielleicht auch zu neuen Spielen…

Vielen, vielen Dank noch mal an Malte und Team für die interessante Zeit, dass ich eine Woche lang alles erleben und ausprobieren durfte, was zur Ladenarbeit dazu gehört!

SpieleErfinderStudio von Jens-Peter Schliemann

Als ich mich im April 2011 erneut in Köln-Mitte einfand, um Jens-Peter Schliemann in seinem Studio zu besuchen, fiel mir gleich die neue Schaufensterdekoration auf. Anfang des Jahres ist das Spiel „Das große Kullern“, das Jens-Peter zusammen mit Bernhard Weber entwickelt hat, beim Ravensburger Verlag erschienen. Bei diesem Spiel war es
für mich spannend, dass ich den Weg zum Teil mit verfolgen konnte. Bereits bei meinem Aufenthalt im Oktober 2010 dufte ich mir bei einem Besuch bei Bernhard Weber in Bonn den Prototypen ansehen und erfuhr so einiges über die

Entstehungsgeschichte. Bei diesem Prototypen bestehen sowohl die Basis als auch die Führungsschienen der Kugelbahnen aus Pappe. Diese Pappe ließen die beiden Autoren extra dafür mit einem Laserschnitt anfertigen um eine Passgenauigkeit zu erzielen. Denn schließlich sollen die Kugeln den Hang zwar überraschend hinunterrollen, aber dennoch in der Wahrscheinlichkeit ausgewogen ihre Ziele erreichen. Im produzierten Spiel ist die schiefe Ebene der Kugelbahn durch eine Tiefziehform gelöst und aus den Mäusen wurden Murmeltiere, die die Kugeln ins Rollen bringen. Bei meinem Stipendiumsaufenthalt bei Ravensburger sah ich bereits Andrucke der Spieleschachteln, den dicken Aktenordner, der allein Unterlagen zum Spiel „Das große Kullern“ enthielt und erfuhr auch dort so einige Kriterien, die bei der Umsetzung bedacht werden müssen.

Es war einfach toll, den Weg eines Spieles von verschiedenen Seiten so mitzubekommen! Wichtig war für mich auch, mehr Gefühl für Zeitspannen zu bekommen, wie lange einzelne Phasen im Entstehungsprozess dauern können.
Dies unterstützte der geteilte Aufenthalt bei Jens Peter auch noch einmal. Bereits im Herbst erzählte Jens-Peter mir einiges zur Umsetzung von „Vampire der Nacht“, und die vielen immer wieder überarbeiteten Einsätze für die Schachtel beeindruckten mich. Das bereits zweite Dunkelspiel, das er mit Kirsten Becker entwickelte, wurde natürlich auch im Dunkeln gleich ausprobiert. Da noch Freunde aus Osnabrück im SpieleErfinderStudio vorbei kamen, konnten wir es auch mit Kindern ausprobieren.

Zurück zum Schaufenster von Jens-Peter. Neu ist auch ein Schild, auf dem er sich als Autor kurz vorstellt mit einer Ludografie von seinen bisher 19 Veröffentlichungen und über 400.000 verkauften Spielen. Am Schaufenster bleiben auch immer wieder Passanten stehen und sehen interessiert hinein. Im Studio hört man dann auch Gesprächsfetzen wie „Ah, so sah das Spiel vorher aus und so ist es fertig“ oder „Und einen Preis hat er auch gewonnen“ oder „Und da ist ein Comic, ach nee, das ist die Spielregel!“ Und wenn die Tür offen steht, kommen Leute auch hinein, manchmal geht Jens-Peter hinaus und spricht Neugierige an, oder Jens-Peter verlagert seinen Arbeitsplatz auch mal auf den Bürgersteig. So haben sich schon öfter nette Gespräche oder Kontakte ergeben. Ja, das ist wirklich Öffentlichkeitsarbeit!
Material und Herstellung ist für mich natürlich immer ein Thema und so stöberten wir in einem Laden für Künstlerbedarf gleich um die Ecke oder kneteten Fimofiguren für einen Prototypen.

 

Bei seiner Entwicklung von Spielen bevorzugt Jens-Peter die Kooperation mit anderen Autoren, derzeit fährt er dafür von Berlin bis Wien. Im Herbst durfte ich, wie gesagt, Bernhard Weber aus Bonn kennen lernen. Mit ihm testeten wir zusammen noch zwei Spiele in der Entwicklung und probierten auch ein Spiel von mir aus. Zu meinem Spiel erhielt ich den Tipp, die Gestaltung noch mehr aus einem Guss vorzunehmen. Im Studio bekam Jens-Peter noch Besuch von Heinrich Gumpler aus Köln, und ich konnte an einem Brainstorming für ein neues Projekt teilnehmen. Seit etwa einem Jahr trifft sich Jens-Peter auch mit zwei Mathelehrern, mit denen er ein Mathespiel plant. Da passte es diesmal gut, dass ich ein Mathespiel dabei hatte, und wir diskutierten darüber, wie tatsächliche Mathematik im Spiel gelernt werden könnte. Das stellt sich allerdings ziemlich schwierig dar!
Auch mit Vertretern der Wirtschaft trifft sich Jens-Peter derzeit regelmäßig, um ein Wirtschaftspiel zu entwickeln. Dazu hat er einen Auftrag im Rahmen des Projekts „JUNIOR-Kompakt“ vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln erhalten, das siebte bis zehnte Klassen in Haupt- und Realschulen ansprechen soll. Wie gelingt es nun, die Herstellung und Vermarktung eines Produkts in Form eines kleinen Unternehmens in einem 60minütigen Brettspiel unterzubringen und zu verdeutlichen? Das scheint mir keine leichte Aufgabe zu sein!
Zwei von Jens-Peters Spielen sind ebenfalls Auftragsarbeiten, und als Autor muss man sich die Frage stellen: Liegt mir das Thema und schaffe ich es zu einem bestimmten Termin, das Spiel fertig zu stellen? Nun, da jeder seine eigene Arbeitsweise finden muss, kann dies auch immer nur eine individuelle Antwort sein.
Gespielt haben wir natürlich auch zwischendurch: „Fire and Ice“, „Auf Zack!!“, „Piranha Pedro“, „Burg Appenzell“, „Loop“ und…
In der Zeit bei Jens-Peter war es für mich sehr hilfreich einem erfahrenen Spielautor über die Schulter blicken zu können, seine Arbeitsweise kennen zu lernen und viel von seinen Erfahrungen zu hören. Ich freue mich, dass ich diese Gelegenheit hatte!

Vielen Dank an dich, Jens-Peter!