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Café International

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Jeder gute Autor hat seine Handschrift. Das ist bei den Spiele-Autoren nicht anders als bei Schriftstellern oder Komponisten auch. Ganz deutlich zeigt sich diese Handschrift bei Rudi Hoffmann, vor allem dann, wenn er sich in seinem Lieblingsmetier, den Kartenlegespielen bewegt. Und so war er 1989 gleich mit zwei Spielen dieser Gattung auf der Nominierungsliste vertreten. Sein CAFÉ INTERNATIONAL gelang der Sprung aufs höchste Treppchen: Es wurde das Spiel des Jahres 1989. Schon lange hätte Rudi Hoffmann diesen Preis verdient gehabt. Nur hatte er seine erste Hochphase zu einer Zeit, als es diese Auszeichnung noch gar nicht gab: In den späten Sechzigern und frühen Siebzigern war er die unbestrittene Nummer eins in deutschen Landen. In der Folgezeit wurde es lang ruhig um ihn, bis er sich Ende der Achtziger vehement zurückmeldete – zunächst mit Neuauflagen seiner „Klassiker“, dann aber auch mit echten Neuentwicklungen.

Typisch Rudi Hoffmann: CAFÉ INTERNATIONAL ist im Comicstil gehalten. Ein aufreizend amerikanisches Pärchen, er mit Cowboyhut und Zigarillo zwischen den Zähnen, sie mit Riesensonnenbrille und Klunkern im Cocktailkleid, sitzt bei einem Tässchen Kaffee zusammen mit einem biederen Franzosen (Erkennungszeichen: Baskenmütze) und einer mandeläugigen Spanierin. Diese Typen tauchen im Spiel selbst auf kleinen quadratischen Kärtchen wieder auf und mit ihnen weitere Männer und Frauen aus insgesamt zwölf Nationen. Türken und Inder, Afrikaner und Engländer, Russen, Chinesen und Kubaner, Italiener und Deutsche tummeln sich je Nation und Geschlecht viermal neben den oben erwähnten, so dass es insgesamt 96 solcher Nationenkärtchen gibt. Alle sind klischeehafte Parodien, die dem Spiel eine bedenkliche Note gäben, wären die Deutschen nicht ebenso übertrieben spießig dargestellt, dass sie keinen Anlass zur Identifikation bieten.

Diese Karten sollen auf einem Spielbrett abgelegt werden. Dazu zieht jeder Spieler erst einmal fünf Kärtchen und legt sie offen vor sich hin. Wer an der Reihe ist, darf ein oder zwei Kärtchen ausspielen; dann ergänzt er seinen Vorrat wieder auf fünf, und der nächste Spieler ist dran. Der Spielplan zeigt 24 Tische, die mit den Flaggen der zwölf Länder – pro Land zwei Tische – geschmückt sind. Um jeden Tisch stehen vier Stühle, ergäbe nach Adam Riese 96 Plätze für 96 Gäste. Der Witz des Ganzen zeigt sich bei näherem Hinsehen: Überall, wo zwei Tische benachbart sind, steht zwischen ihnen nur ein Stuhl, der für beide zählt. So fallen 28 (!) Plätze weg: Da waren es nur noch 68. Für Gedränge ist damit gesorgt. Zusätzlich sind vier Joker im Spiel, die ebenfalls platziert sein wollen. Für das Auslegen der Kärtchen erhält man Punkte; man kann nicht nur, sondern man muss punkten – andernfalls darf man nicht an die Tische legen. Für den Fall, dass man nicht an einem der Tische ablegen kann, gibt es zwanzig Felder – in der Mitte die sogenannte Bar.

Auch für das Ablegen an der Bar gibt es Punkte, und zwar Pluspunkte für die ersten fünf Besucher, für die nächsten aber schnell ansteigend bis zu vierzehn Minuspunkte pro Gast. Dann schon lieber einen Kaffee am Tisch bestellen! Das ist aber gar nicht so einfach. Denn Punkte erhält man nur, wenn man an einem Tisch, an dem schon jemand sitzt, eine Person dazusetzt. Wichtige Ausnahme: Setzt man in einem Zug zwei Personen an einen Tisch, dann muss die erste noch nicht unbedingt punkten. So kann man also neue Tische eröffnen. Entsteht so ein Zweipersonentisch, gibt es zwei Punkte; wer daraus einen Dreiertisch macht, kassiert drei Punkte, und wer einen Tisch komplettiert, der erhält vier Punkte oder – sofern alle Tischnachbarn einer Nationalität angehören – gar acht Punkte. So sind auch schon mal zweistellige Punktzahlen in einer Runde möglich, denn man darf ja zwei Kärtchen legen; außerdem kann ein Kärtchen eventuell an zwei Tischen gleichzeitig punkten, dann nämlich, wenn es auf einen Zwischenstuhl gesetzt wird, der zu zwei nicht mehr leeren Tischen gehört.

Erschwert wird das Ablegen durch die strengen Tischsitten in diesem Hause. Selbstverständlich darf ein Gast nur an einem Tisch der eigenen Nation sitzen. Allein die Zwischenstühle stehen beiden Nachbarnationen zur Verfügung. Es herrschen aber auch eiserne Gesetze bezüglich der Geschlechtermischung: Ehe nicht ein Mann an einem Tisch sitzt, darf dort keine zweite Frau sitzen und umgekehrt. Durch diese Einschränkungen hat man immer wieder und immer mehr unnütze Karten auf der Hand. Früher oder später wandern sie an die Bar – je später, desto teurer. Die Joker ersetzen jede Nation. Sie können eingetauscht werden, wenn man ein dazu passendes Original hat. Wer allerdings von diesem Recht Gebrauch macht, darf bei diesem Zug nichts anderes unternehmen. Das Spiel endet, wenn entweder alle Tische oder alle Barplätze besetzt sind oder wenn nur noch vier Kärtchen zum Ergänzen der Handkarten übrig sind. Von den Punkten werden für jede Karte auf der Hand fünf, für einen Joker auf der Hand zehn Punkte abgezogen. Wer danach die meisten Punkte hat, gewinnt.

Da alle Spieler ihre Kärtchen stets offen zeigen müssen, lassen sich viele Gemeinheiten wunderbar kalkulieren. Andererseits macht einem ab und zu das Kartenglück des Gegenspielers einen plötzlichen Strich durch die Rechnung. Wichtig ist es auch, einen guten Überblick zu behalten, um die jeweils günstigste Möglichkeit zu sehen. Das ist nicht zwangsläufig die, die am meisten Punkte ergibt. Wie gesagt, man muss auch die Chancen der Gegner und die möglichen Folgezüge bedenken. Nach und nach entwickelt man immer bessere Strategien, nur leider sind die anderen auch nicht dumm. So verläuft jede Partie spannend und abwechslungreich. Die Spieldauer hält sich mit ca. einer Stunde in Grenzen.