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Drunter & Drüber

Drunter & Drüber

Bereits die Verpackung des Spieles DRUNTER & DRÜBER lädt zum Schmunzeln ein: Da stehen die Schildbürger, dumm wie sie nun einmal sind, um ihren Bürgermeister herum und warten, bis er endlich das goldene Band zerschneidet und die eben gebaute Straße zur Benutzung freigibt. Aber welch ein Chaos bietet der Hintergrund: Lauter ineinander verschachtelte Häuser, ein Fluss, der aus dem Wasserwerk fließt, ein Schiff auf einer Brücke.

Das Durcheinander ist, wie könnte es anders sein, einmal mehr die Folge der sprichwörtlichen Dummheit der Schildbürger. Denn diese hatten beim Bau ihrer Stadt die Straßen, Stadtmauern und Bäche vergessen, und als sie diesen Fehler ausbügeln wollten, merkten sie, dass kein Platz mehr dafür vorhanden war. So waren sie gezwungen, einige Gebäude abzureißen und an einem anderen Ort wieder aufzustellen, was die frühere Planung total über den Haufen warf und notgedrungen ins Chaos führte.

Autor Klaus Teuber hat eben diesen Umbau zum Thema seines Spiels mit dem Titel DRUNTER & DRÜBER gemacht. Auf dem Spielplan sind die verrückten Häuser eingezeichnet, für welche die Schildbürger „berühmt“ wurden, die dreieckigen Rathäuser, die fensterlosen Museen (die Besucher sollten nicht merken, dass die Kunstwerke im Inneren fehlten), die schiefen Wirtshäuser (damit auch die betrunkenen Gäste immer gerade stehen), die Schultürme und ganz viele Toilettenhäuschen, die in DRUNTER & DRÜBER eine ganz wichtige Rolle spielen. Die bis zu vier Mitspielerinnen und Mitspieler erhalten jeweils zu Beginn verdeckt ein städtisches Prunkobjekt zugeordnet. So hat ein Spieler die Aufgabe, sämtliche Rathäuser vor dem Überbauen mit Stadtmauern, Straßen und Flüssen zu bewahren, während ein anderer die Funktion eines Schutzengels für die Schulhäuser ausüben muss. Gebaut wird mit Hilfe von Straßen-, Kanal- und Stadtmauerplättchen. Wer an der Reihe ist, verlängert entweder das bestehende Straßennetz, den Kanal oder die Stadtmauer. Beim Legen achtet man einerseits darauf, die Überbauungen möglichst weit um jene Gebäude herumzuführen, deren Schutz man als Aufgabe übernommen hat. Andererseits versucht man, die Gebäude der Mitspielerinnen und Mitspieler zu überbauen oder zu überfluten und ihnen auf diese Weise Punkte abzujagen. Verluste von Gebäuden, die am Schluss nur wenige Punkte einbringen, sind bei diesem Chaos an städtischem Bauwesen, bei dem jeder den anderen übers Ohr hauen will, in Kauf zu nehmen. Manchmal lohnt es sich sogar, in einem eigenen Zug seine Kneipe oder seine Feuerwache selbst unter einer Straße verschwinden zu lassen. Denn auf diese Weise gelingt es unter Umständen, die lieben Mitspieler zu täuschen und dafür die punkteträchtigen Gebäude zu retten. Das macht sich in der Schlussabrechnung bezahlt, denn es gewinnt, wer am meisten Punkte erzielt hat.

Wäre das alles, müsste man DRUNTER & DRÜBER zu den durchschnittlichen Spielen zählen. Was das Spiel aber über die Masse hinaushebt und zu einer höchst witzigen Angelegenheit macht, ist der Kampf um die Toilettenhäuschen. Während die Rat-, Schul- und Wirtshäuser einfach überbaut werden dürfen, ohne dass jemand ein Einspruchsrecht besitzt, muss bei jedem Häuschen eine geheime Abstimmung durchgeführt werden. Zu diesem Zweck erhält jeder Mitspieler bei Spielbeginn einen Satz von sogenannten Schildbürgerkarten, mit denen er dann seine Zustimmung oder Ablehnung bekanntgeben kann. Eine „Jaaa“-Karte zählt drei Ja-Stimmen, eine „Neee“-Karte entsprechend drei Nein-Stimmen. Dazu gibt es doppelte und einfache Stimmen, Stimmenthaltung und schließlich, als besonderen Clou, die „Jeeiin“-Karte. Diese zählt zwei Stimmen, ob als Ja oder Nein, entscheidet der Spieler, nachdem die anderen ihre Stimmkarten aufgedeckt haben. Wie in einer echten Demokratie entscheidet die einfache Ja-Mehrheit darüber, ob ein Toilettenhäuschen eingeebnet werden darf oder nicht. Die Abstimmung ist von seltener Doppelbödigkeit. Zum einen können die einzelnen Stimmkarten, außer der Stimmenthaltung, nur einmal pro Spiel eingesetzt werden. Zum andern aber bewirkt die „Jeeiin“-Karte, dass man in der entsprechenden Abstimmung mit einem Mitspieler eine Koalition eingehen muss und gleichzeitig andere Mitspieler unbewusst verärgert, und meistens ausgerechnet jene, auf deren Hilfe man später angewiesen ist.

Wer sich sein Abstimmungsverhalten taktisch nicht richtig überlegt, ist in der Schlussphase des Spiels dem maliziösen Treiben der Vereinigten Schilda-Bau GmbH wehrlos ausgesetzt. Wer die Bau-Abenteuer in der Grundversion schadlos übersteht, kann sich als Architekt in einer noch sophistischeren Variante versuchen. Ob so oder so: DRUNTER & DRÜBER bietet auf jeden Fall ein tolles Spielerlebnis. Es ist kurzweilig und witzig, birgt viele Überraschungen, erlaubt Schadenfreude und gleich wieder Ärger, zwingt zu taktischen Überlegungen, spielt sich aber leicht, rasch und vor allem mit viel Spaß.