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Richard Haarhoff gewinnt Autorenstipendium 2018

Richard Haarhoff

Schon zum 23. Mal wurde in Göttingen im Rahmen des Spieleautorentreffens das Autoren-Stipendium der Jury vergeben. Am 03. Juni nahm der zum Hamburger Spielwerk gehörende Autor Richard Haarhoff den mit 3.000 Euro dotierten Preis in der Göttinger Stadthalle entgegen. Der 27-jährige IT-Consultant setzte sich mit dem Kartenspiel SPACE DRAGON und dem Familienspiel ALICE IM WUNDERLAND gegen starke Konkurrenz durch. Neben ihm nominiert waren eine Autorin und Grafikerin aus Berlin, ein Autor, der gerne Weltwunder küsst, ein Filmemacher vom Rhein und ein Spielekritiker, der gern sehen würde, dass andere sich kritisch zu seinen Ideen äußern. Die drei Juroren, Paul Schulz, Preisträger des letzten Jahres, Jens-Peter Schliemann für die Spiele-Autoren-Zunft und Jochen Corts für die Jury „Spiel des Jahres“, überzeugten die hohen  analytischen Fähigkeiten und die große Kreativität des Autors aus Bad Oldesloe.

Richard Haarhoff war mit 27 Jahren der jüngste Kandidat unter den fünf nominierten Autoren. Spiele und von Anfang an das Spielerfinden begleiten ihn seit seiner Grundschulzeit. Mit 13 Jahren hat er kleine Computerspiele programmiert. Auch sein Mathematikstudium hilft ihm bei der Spielentwicklung. Seit vier Jahren gehört er dem ‚Spielwerk Hamburg‘ an, seit zwei Jahren nimmt er am Autorentreffen in Göttingen teil. Für seinen aktuellen Beruf als IT-Berater einer Versicherung präsentierte er im Bewerbungsgespräch ein Spiel so überzeugend, dass er den Job bekam. Haarhoff lebt als Autist mit einem Handicap, das den Bereich der sozialen Interaktion nicht leicht für ihn macht, das ihm aber andererseits eine begnadete Fähigkeit beim Verstehen mathematischer Systeme beschert. Spiele bilden für ihn eine Brücke zwischen den Welten. Ziel und Regeln sind klar definiert, das Resultat ist ein fundamentales soziales Erlebnis. Als Autor tritt er zusätzlich noch als Mittler dieses Prozesses auf und darf Regeln in Emotionen verwandeln.

Mit viel Emotionen verbunden ist jedenfalls sein Stichspiel SPACE DRAGON. Seine neue Idee ist die Weitergabe aller Handkarten von Runde zu Runde, da kann sich keiner mehr mit einem Oma-Blatt ausruhen oder über Kartenpech beschweren. Eine geniale Drafting-Idee, die das Stichspiel ganz neu erleben lässt. Raffiniert ist auch ein Drehmechanismus, der für viel Durcheinander in dem Familienspiel ALICE IM WUNDERLAND sorgt.

So viel Kreativität und Begeisterung für das Spiel ließ auch die Juroren nicht kalt, sodass sie Haarhoff den Preis zusprachen. Mit dem Preisgeld werden für den Gewinner vier einwöchige Praktika bei einem Spielverlag, im Deutschen Spielearchiv, bei einem Autor und in einem Spieleladen finanziert.

Praktikumsbericht

Neben Richard Haarhoff waren nominiert:

Katrin Abfalter

Katrin Abfalter lebt in der Hauptstadt und arbeitet dort neben ihrem Studium der Druck- und Medientechnik als selbstständige Grafikdesignerin. Ein Linguistikstudium mit einem Schwerpunkt in nordischer Philologie hat sie in München schon erfolgreich abschließen können. Wie eine Reihe ihrer Konkurrenten berichtet sie von ersten Spielentwicklungen in ihrer Kindheit. So richtig ernsthaft ist sie aber erst seit einem Jahr dabei und hat inzwischen vier Prototypen entwickelt, von denen sie zwei im Frühjahr auf dem Autorentreffen in Haar bei München mit positiven Rückmeldungen vorstellen konnte.

Wichtig ist ihr bei der Spielentwicklung das stimmige Ganze, die lebendige Geschichte statt einer starren Mechanik. Ihr Spiel HEXXGARTEN fußt entsprechend auf einer ansprechenden Hintergrundgeschichte und hoher Variabilität des Spielplans. Auf der Suche nach dem Dreihütigen Schleimkrötenhexxling müssen sich die Hexenlehrlinge auf so manche Überraschung einstellen und sich vor allem vor den dreiköpfigen Wächtern hüten.

Richtet sich ihr erstes Spiel eher an die Familie, fordert sie die Aufmerksamkeit und Konzentration von Kindern in VERSPUKT UND ZUGESPERRT. Ihre Suche nach vier Marmeladengläsern spielt sich zwar nur in einem 4×4 Raster ab, wird aber erschwert durch Schlüsselkarten und ein kleines Gespenst. Sie habe viele Talente, meinte die Jury, aber ganz besonders gut gelinge ihr die Verknüpfung von grafischer Gestaltung und Spielidee.

Robert Heller

Den gebürtigen Thüringer Robert Heller, der vor drei Wochen seinen 38. Geburtstag feiern konnte, hat es von der Weißen Elster an den Rhein nach Ingelheim verschlagen. Von dort aus arbeitet er als TV-Autor und Regisseur mit dem Schwerpunkt Dokus und Reportagen. Auch Heller ist „Spieler aus Leidenschaft“ seit seiner Kindheit. Seit 2010 entwickelt er Spiele. Inzwischen hat er insgesamt 36 Brett- und Kartenspiele in der Schublade, so dass die Auswahl für das Göttinger Autorentreffen sicherlich nicht leicht fiel. Entschieden hat er sich letztlich für das Strategiespiel KAMPF DER MAGIER, an dem er schon seit 2010 feilt. Mit HELDEN BRAUCHT DAS LAND greift er das Thema der Superhelden auf.

Der Magierkampf ist ein Duell, das in unterschiedlichen Arenen ausgetragen wird. Leider wissen die Zauberer vor ihrem Wettstreit nichts über die magische Energie der Arenen und müssen ihre Zauber entsprechend anpassen. Das abstrakte Spiel wird als spannender Mehrheitenkampf über Spielfiguren mit drei verschiedenen Wertigkeiten ausgetragen.

Hellers zweite Idee nimmt das Superhelden-Thema ironisch auf die Schippe. Mit kleinen Aufträgen versuchen die Mini-Batmans Fans zu gewinnen. Da darf eine Oma eskortiert oder ein vermisstes Hündchen gesucht werden. Im Laufe des Spiels gibt es auch Auseinandersetzungen mit der Mafia oder die Helden schlagen aufeinander ein. Er sei ein „guter Entertainer“, meinte die Jury, er erschaffe ansprechende und anregende Spielewelten.

Hardy Jackson

Der freiberufliche Dozent für Philosophie und Fotografie Hardy Jackson aus Münster ist kein ganz Unbekannter in der Spieleszene. Aufgefallen ist er aber bisher eher als Kritiker. Seit fünf Jahren beurteilt er kompetent Spiele für das Online-Portal Hall9000. Den 41-jährigen Jackson haben die ‚Spiele des Jahres‘ spielerisch sozialisiert. Die spielbegeisterte Familie mit drei Geschwistern, Gleichgesinnte in der Oberstufe führten ihn Anfang der 90er Jahre erstmalig nach Essen. In dieser Zeit entstanden auch die ersten eigenen Spielentwürfe. Seit drei Jahren ist Jackson nicht nur leidenschaftlicher Rezensent und Spieler, der an der deutschen Mannschaftsmeisterschaft im Brettspiel teilnimmt, sondern auch Autor. Inzwischen kann er sogar einen ersten Erfolg vorweisen. Sein Prototyp ALEA AUSTRALIA gehörte im Februar zu den Siegern beim Deutschen Spieleautorenwettbewerb.

Jackson sind neue Ideen und Konzepte wichtig, auch Verknüpfungen von Mechaniken haben es ihm angetan. So geht es ihm bei PIMP & RIDE um Deckbau und Rennspiel, wobei er betont, dass seine ersten Entwicklungen dazu vor Reiner Knizias WETTLAUF NACH EL DORADO entstanden seien. Der Autor hält sein Spiel für variabler, was sich aus der von Spiel zu Spiel unterschiedlichen Kartenauslage ergibt, die jeweils neue Strategien erfordert.

Reizvoll ist außerdem der Würfelkampf ALEA AUSTRALIA um Tiere im australischen Outback, auch hier setzt er auf Varianz und liefert Ausbausets gleich zum Grundspiel dazu. Die Jury überzeugt die hohe Variabilität, die in seinen Ideen stecke und sein gutes Gefühl für Dynamik.

Felix Lomberg

Der 31-jährige Felix Lomberg aus Duisburg besitzt einen Bachelor-Abschluss in Philosophie und Chinastudien. Er ist ein kleines Sprachengenie mit sicherer Kenntnis des Chinesischen und soliden Kenntnissen der japanischen, spanischen und portugiesischen Sprache, die ihn auch auf seinen Reisen durch die Welt begleitet haben. Vier der sieben modernen Weltwunder hat er schon geküsst. Seit 20 Jahren erfindet Lomberg Spiele. Als Kind waren es Nachstellungen von Sportereignissen im familiären Kreis. Ab 2009 kommen Gesellschaftsspiele zu politischen und Wirtschaftsthemen hinzu. Gefragt ist er auch, wenn es um abendbegleitende Partyspiele geht, für die er ständig gebucht wird.

An dem Wirtschaftsspiel FLUGHAFEN NEUSTADT arbeitet Lomberg schon einige Jahre. In der rundenbasierten Simulation geht es um den Aufbau von Luftlinien, Flugzeugkauf und Landerechte, mit denen Imagepunkte errungen werden.

Ist seine erste Idee eher im Kennspielbereich angesiedelt, beweist er mit IM GARTEN IST WAS FAUL, dass er auch ein gutes Gespür für Kinderspiele besitzt. Wer arbeitet schon gerne viel? Da haben vier Faultiere einen wunderschönen Garten voller Blumen gepflanzt, aber keine Lust mehr einen Zaun zu errichten. Hungrige Hasen, Füchse und Katzen machen sich über die ungeschützten Pflanzen her, auch vor Wetterkapriolen sind sie nicht sicher. Mit Honig versuchen die Faultiere Bienen anzulocken, die den Garten wieder zum Blühen bringen.  Besonders vom ausgefeilten Spielsystem seines Wirtschaftsspiels waren die Juroren angetan, das sei „superelegant“.